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Neues zum Mietwagenstreit


Wird ein Kraftfahrzeug beschädigt, steht dem Eigentümer grundsätzlich auch für die Ausfallzeiten, insbesondere während der Reparatur oder Ersatzbeschaffung, ein Mietwagen zu. Seit längerer Zeit befasst sich der Bundesgerichtshof damit, in welcher (Tagessatz-)Höhe Mietwagenkosten zu erstatten sind. Grundsatz ist für die Erstattung insoweit:

„Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann (z.B. Urteil vom 12.10.2004, Az. VI ZR 151/03).“

Dies wurde nunmehr in einem Urteil vom 12.4.2011, Az. VII ZR 300/09 durch den Bundesgerichtshof bestätigt. Sind die Anmietmöglichkeiten des Geschädigten nicht aufgrund der konkreten Umstände eingeschränkt, z.B. aufgrund Eilbedürftigkeit/einer Notsituation und hat der Geschädigte sich auch nicht in angemessener Weise über Mietwagenangebote informiert, ist im Falle der streitigen Auseinandersetzung durch den Richter zu schätzen, welcher Mietpreis tatsächlich auf dem zeitlich und örtlich relevanten Markt für den Geschädigten erforderlich war im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Als „Schätzgrundlage“ des Richters konkurrieren zwei Tabellen, zum einen der Schwacke-Mietpreisspiegelindex, zum anderen eine Erhebung des Fraunhofer Instituts. Die Beträge nach dem Schwacke-Mietpreisspiegelindex sind im Regelfall höher, werden deshalb von der Versicherungswirtschaft in Frage gestellt.

Mit dem Urteil vom 12.4.2011 hat der Bundesgerichtshof nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass durch die Gerichte lediglich eine nachvollziehbare Schätzgrundlage herangezogen werden muss, wobei Tabellenwerke zulässig sind. Für Mietwagenkosten wurde konkret ausgeführt, dass kein Vorrang besteht, die Gerichte sowohl den Schwacke-Mietpreisspiegelindex als auch die Erhebung nach dem Fraunhofer Institut heranziehen können, auch mit Abweichungen (Zu- und Abschläge, Mittelwerte u.Ä.).
Prozessual ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nachvollziehbar, da diese die richterliche Unabhängigkeit im Zusammenhang mit der nach § 287 ZPO zulässigen Schätzung der Schadenhöhe bekräftigt. In der Praxis macht dies die Erfolgsaussicht einer gerichtlichen Auseinandersetzung um die Höhe angemessener Mietwagenkosten jedoch schwer kalkulierbar. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass diese Auseinandersetzung erst dann Bedeutung hat, soweit nicht aus anderen Gründen, z.B. wegen einer Notlage bei Anmietung oder einer tatsächlich durchgeführten angemessenen Recherche zum Mietpreis die tatsächlich angefallenen Mietwagenkosten zu erstatten sind.