Project Description

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 22.08.2022 – 8 U 1156/20 – “Neues zu „Corona-Mieten““


Das Kammergericht Berlin hat in einem Beschluss vom 22.08.2022 (8 U 1156/20) zum einen sehr hohe Anforderungen an den Vortrag eines Mieters zur Frage gestellt, ob es ihm unzumutbar ist, während eines Lockdowns die Miete in voller Höhe zu zahlen. Zum anderen hat das Kammergericht Berlin ausgeführt, dass für die Zeit nach der Öffnung des Geschäfts nach dem ersten Lockdown trotz pandemiebedingter Beeinträchtigungen im Regelfall keine Herabsetzung der Miete unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht kommt.

Das Geschäft des Mieters war während des ersten Lockdowns geschlossen. Der Vermieter hat unter anderem vorgetragen, dem Mieter sei es möglich gewesen, durch Onlinehandel Gewinne zu erwirtschaften und seine Kosten durch Kurzarbeit der Mitarbeiter oder durch Entlassung von Mitarbeitern zu reduzieren. Der Mieter hat eingewandt, er betreibe zwar einen Onlinehandel, allerdings an einem anderen Standort und erziele mit diesem Onlinehandel keine nennenswerten Gewinne. Dieser Vortrag war nach Auffassung des Kammergerichts nicht ausreichend. Es meinte, die an einem anderen Standort durch einen Onlinehandel erwirtschafteten Gewinne müssten konkret beziffert und nach einem nachvollziehbaren Schlüssel auf die streitgegenständliche Filiale umgelegt werden. Darüber hinaus sei es erforderlich, zu etwaigen Kosteneinsparungen durch Kurzarbeit oder Entlassung von Mitarbeitern vorzutragen.

Der Mieter hatte ferner geltend gemacht, nach Wiedereröffnung des Geschäfts habe es nur geringe Umsätze gegeben, weil die Kunden von der Möglichkeit des Click & Collect bzw. Click & Meet kaum Gebrauch machten. Ferner habe eine Begrenzung der Kundenzahl den Betrieb eingeschränkt. Auch habe die Angst einer Vielzahl von Kunden, sich in geschlossenen Räumen anzustecken, dazu geführt, dass kaum Kunden in das Geschäft kamen.

Diese Argumentation war nach Auffassung des Kammergerichts unzureichend. Hinsichtlich der hoheitlich angeordneten Begrenzung der Kundenzahl müsse nach Auffassung des Kammergerichts ein Mieter konkret vortragen, dass der Umsatzrückgang hierauf zurückzuführen ist. Der Mieter müsse zur Kundenfrequenz in der Filiale vortragen und ausführen, in welchem Umfang er potentiellen Kunden den Zugang zu der streitgegenständlichen Filiale hätte verwehren müssen, weil die zulässige Kundenzahl erreicht worden ist. Die hoheitliche Anordnung zum Tragen eines Mund-Nasenschutzes sowie die Aufrufe zur generellen Kontaktvermeidung stellten schon keine hoheitliche Maßnahme dar, die den Betrieb des Mieters konkret erfasst hätten, sondern wirkten sich nur mittelbar auf das Kundenverhalten und einen dadurch etwaig nachlassenden Kundenstrom aus. Insoweit gehe es um dem Verwendungsrisiko des Mieters zuzuordnende Umstände der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung, sodass sie keine Mietreduzierung rechtfertigen können (vgl. BGH, Urteil vom 16.02.2022 – XII ZR 17/21 –, juris Rn. 31). Gleiches gelte hinsichtlich der vom Mieter vorgetragenen allgemeinen Furcht vor Ansteckung in geschlossenen Räumen.