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BAG, Urteil vom 23.07.2015 – 6 AZR 457/14 – “Kündigungsschutz im Kleinbetrieb über Vorschriften des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)?”
Das Bundesarbeitsgericht hatte folgenden Fall zu entscheiden:
In einer Arztpraxis mit 6 Arbeitnehmern von denen 4 miteinander vergleichbare Tätigkeiten ausführten wurde einer im Kündigungszeitpunkt 63-jährigen Arbeitnehmerin gekündigt unter Verweis auf ihren baldigen Pensionseintritt. Tatsächlich ging die Arbeitnehmerin 6 Monate nach Ablauf der Kündigungsfrist in Rente, klagte aber gegen die Kündigung (auf Feststellung der Unwirksamkeit, auf Weiterbeschäftigung und auf eine Entschädigung wegen Diskriminierung).
Das Bundesarbeitsgericht hat zunächst nur die Klage gegen die Wirksamkeit der Kündigung und auf Weiterbeschäftigung verbeschieden und ihr stattgegeben.
Zwar fand das Kündigungsschutzgesetz wegen der geringen Beschäftigtenzahl keine Anwendung, die Kündigung hat aber aus Sicht des Bundesarbeitsgericht gegen § 7 Abs. 1 HS 1 AGG verstoßen, da eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters vorlag, diese machte die Kündigung unwirksam. Die Klägerin wurde aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts altersbedingt schlechter behandelt als vergleichbare Kolleginnen, da diese dieselben Tätigkeiten verrichteten und lediglich jünger waren. Der Hinweis auf die Pensionsberechtigung in der Kündigung war für das Bundesarbeitsgericht dann ausreichend, eine Diskriminierung, die hier sogar zur Unwirksamkeit der Kündigung an sich führte, anzunehmen.
Im Hinblick auf den Renteneintritt ein halbes Jahr nach Ablauf der Kündigungsfrist war das wirtschaftliche Risiko der Arbeitgeberin im Fall überschaubar, gleichwohl muss für diese 6 Monate Entgelt nachbezahlt werden. Zur Entscheidung über das Schmerzensgeld/den Entschädigungsbetrag wegen Diskriminierung hat das Bundesarbeitsgericht die Angelegenheit zurück an das Landesarbeitsgericht verwiesen, weil insoweit Feststellungen nicht getroffen waren.
Auch der vorliegende Fall zeigt wieder einmal, dass jedes Wort zu viel, das in einer Kündigung geschrieben wird, nicht nur unnötig ist, sondern gegebenenfalls auch schadensstiftend. Arbeitgeber sollten bei Kündigungen sich auf den absolut notwendigen Wortlaut beschränken und keine weitergehenden Floskeln einfließen lassen.