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Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.03.2018 – V ZR 307/16 – “Keine Nutzung eines „Ärztehauses“ zu Wohnzwecken“
In einer Teilungserklärung ist bestimmt, dass die Einheiten „ausdrücklich beruflich oder gewerblich, insbesondere auch als Apotheke oder Arztpraxis genutzt werden“ können. Zunächst befanden sich nach Aufteilung der Anlage in dieser sechs Ärzte und eine Apotheke. Nachdem in unmittelbarer Nähe des Gebäudes im Jahr 2013 ein großes Ärztehaus errichtet wurde, zogen einige Ärzte aus der Anlage aus, weshalb es zum Leerstand kam. Der beklagte Eigentümer teilte seine Einheit auf, baute sie um und vermietet die beiden Teile als Wohnraum.
Dieser beklagte Eigentümer wird auf Unterlassung in Anspruch genommen, die Einheit zu Wohnzwecken zu nutzen. Der Bundesgerichtshof bestätigt einen Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs. 3 WEG, nach dem die Einheit nicht als Privatwohnung genutzt werden darf. Zwar kann sich eine nach dem vereinbarten Zweck ausgeschlossene Nutzung als zulässig erweisen, wenn sie bei typisierender Betrachtung nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung. Das ist aber bei der Nutzung einer Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn sich die Einheit wie hier in einem ausschließlich zu beruflichen und gewerblichen Zwecken dienenden Gebäude befindet. Denn in einem solchen Gebäude ist die Wohnungsnutzung bei typisierender Betrachtung regelmäßig schon deshalb störender als die vorgesehene Nutzung, weil sie mit typischen Wohnimmissionen (Küchengerüche, Freizeit-und Kinderlärm oder Musik) einhergeht und zu anderen Zeiten – nämlich ganztägig und auch am Wochenende – erfolgt. Teileigentümer haben ein Interesse daran, dass der professionelle Charakter einer derartigen Anlage erhalten bleibt, um Konflikte, die durch eine in der Teilungserklärung nicht angelegte gemischte Nutzung hervorgerufen werden können, von vornherein zu vermeiden.
10 Abs. 3 S. 2 WEG gibt aber einen grundsätzlichen Anspruch auf Änderung einer Gemeinschaftsordnung dahingehend, dass eine Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken genutzt werden darf. Es müssen schwerwiegende Gründe vorliegen, die in Betracht kommen, wenn eine dauerhafte gewerbliche Vermietung angesichts von Lage und Ausstattung des Gebäudes nicht ernsthaft zu erwarten ist. Denn dann würde der Beklagten an einer wirtschaftlichen Verwertung der Einheit gehindert. Doch dem musste nicht weiter nachgegangen werden, denn selbst, wenn ein solcher Anpassungsanspruch nach § 10 Abs. 2 S. 3 bestehen sollte, müsste der Beklagte diesen im Wege einer Klage durchsetzen. Er darf ihn nicht im Wege einer Einrede gegen den Unterlassungsanspruch geltend machen. Denn nur dann, wenn dies im Rahmen der Gemeinschaftsordnung umgesetzt ist, ist klar und eindeutig, welche Vereinbarungen untereinander gelten. Dieses Ziel würde verfehlt, wenn man den Anpassungsanspruch im Wege der Einrede geltend machen dürfte. Man müsste die Unterlassungsklage abweisen, obwohl die Änderung der Gemeinschaftsordnung im Ergebnis unterbliebe. Die neue Nutzung darf daher erst dann aufgenommen werden, wenn ein entsprechendes rechtskräftiges Urteil zu seinen Gunsten über den Änderungsanspruch vorliegt. Bis dahin müssen die der Gemeinschaftsordnung widersprechenden Nutzungen unterbleiben.
Da im Ergebnis die Nutzung der Einheit als Wohnraum unzulässig war, wurde der beklagte Eigentümer zu Recht zur Unterlassung verurteilt.