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BAG, Urteil vom 16.2.2012 – 6 AZR 553/10  – „Kein Recht zur Lüge im Arbeitsverhältnis”


Das Bundesarbeitsgericht hat am 16.2.2012 einen sehr besonderen Fall zu entscheiden gehabt:
Ein Mitarbeiter wurde vom Arbeitgeber, der einen Sozialplan mit Interessenausgleich erstelle wollte, befragt, ob er schwerbehindert sei, was er wahrheitswidrig verneinte (tatsächlich Grad der Behinderung von 60 %). Demgemäß wurde der Mitarbeiter als nicht schwerbehindert im Interessenausgleich aufgeführt und ihm gegenüber die Kündigung ausgesprochen. Im Kündigungsschutzverfahren hat er sich mit der Begründung gegen die Kündigung gewandt, er sei schwerbehindert, dass die Kündigung unwirksam sei, weil das Integrationsamt ja nicht zugestimmt habe und deshalb auch die Betriebsratsanhörung fehlerhaft sei. Die Frage nach der Schwerbehinderung habe er nicht wahrheitsgemäß beantworten müssen, da die Frage diskrimi-nierend im Sinne des AGG sei.

Auch wenn man es sich kaum vorstellen mag, hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht (1. Instanz) Recht bekommen. Erst das Landesarbeitsgericht und nun auch das Bundesarbeitsgericht haben seine Klage abgewiesen.
Aus den Gründen ist wichtig, so dass das Bundesarbeitsgericht festhält, dass es zum Pflichtenkreis des Arbeitgebers gehört, Schwerbehinderungen im Rahmen von beabsichtigten Kündigungen zu berücksichtigen und er deshalb ein Recht (und eine Pflicht) zur Nachfrage hatte. Die Frage habe aber auch keinen dis-kriminierenden Charakter, der Arbeitgeber müsse sie vielmehr stellen, wenn er sich rechtstreu verhalten will.
Dem Arbeitnehmer wurde es wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, sich auf die Schwerbehinderteneigenschaft zu berufen.