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BGH, Urteil vom 26.10.2011 – IV ZR 150/10 – „Kein gesetzliches Erbrecht für vor dem 1. Juli 1949 geborene nicht eheliche Kinder”


Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 26.10.2011 (IV ZR 150/10) entschieden, dass für vor dem 1. Juli 1949 geborene nichteheliche Kinder in bis zum 28. Mai 2009 eingetretenen Erbfällen ein gesetzli-ches Erbrecht nicht existiert.
Hintergrund der Entscheidung ist, dass bis zum Jahr 1970 ein nichteheliches Kind und sein Vater nicht als verwandt galten und daher eine gesetzliche Erbfolge nicht stattfand. Dies wurde durch das Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder (NEhelG) grundsätzlich geändert, wobei die Änderung nur für ab dem 1.7.1949 geborene nichteheliche Kinder galt. Diese Einschränkung hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Urteil vom 28.5.2009 (Beschwerde Nr. 3545/04) für unwirksam erklärt, woraufhin der deutsche Gesetzgeber die Stichtagsregelung rückwirkend für ab dem 29.5.2009 eingetretene Erbfälle aufgehoben hat.

In dem dem BGH zur Entscheidung vorliegenden Fall verlangte nunmehr ein im Jahr 1940 nicht ehelich geborener Kläger Pflichtteilsansprüche aus einem Erbfall im Jahr 2006. Zu Unrecht, wie der BGH jetzt entschieden hat. Nach Auffassung des Gerichts ist die Entscheidung des Gesetzgebers, die bisherige Regelung für Fälle vor dem 29.5.2009 aufrecht zu erhalten durch sachliche Gründe gerechtfertigt und daher nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber durfte insbesondere dem Vertrauen von Erblassern in die bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte geltenden Rechtslage eine entscheidende Bedeutung beimessen. Die Stichtagsregelung verstoße daher weder gegen das Grundgesetz noch gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.
Für Erbfälle vor dem 29.5.2009 bleibt es daher zumindest vorerst dabei, dass vor dem 1.7.1949 gebo-rene nichteheliche Kinder kein Erbrecht beanspruchen können. Es gilt allerdings abzuwarten, ob gegen die Entscheidung Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht eingelegt oder ein erneutes Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingeleitet wird und dies zu einer weitergehenden Gleichstellung auch für Erbfälle vor dem 29.5.2009 führt.