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BGH, Urteil vom 04.11.2015 – VIII ZR 217/14 – “Kappungsgrenzenverordnung des Landes Berlin rechtmäßig”
§ 558 Abs. 3 S. 2 und 3 BGB eröffnet den Bundesländern die Möglichkeit, durch Verordnung die Erhöhung von Bestandsmieten von der allgemeinen Kappungsgrenze von 20 % für die Dauer von 5 Jahren auf 15 % herabzusetzen. Der klagende Vermieter forderte von dem beklagten Mieter die Zustimmung zur Erhöhung der monatlichen Miete um 20 %. Die Wohnung liegt in Berlin-Wedding. Das Land Berlin machte von der Ermächtigungsgrundlage in § 558 Abs. 3 BGB Gebrauch und verordnete, dass eine Erhöhung nur bis max. 15 % möglich ist. Der klagende Vermieter hielt diese Verordnung insbesondere deswegen für unwirksam, weil die Verordnung für das gesamte Stadtgebiet Berlins die Kappungsgrenze herabsetzte, obwohl nicht in allen Stadtteilen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet war, wie dies die Ermächtigungsgrundlage in § 558 Abs. 3 S. 2 und 3 BGB fordert.
Der Bundesgerichtshof entscheidet, dass die Kappungsgrenze-Verordnung des Landes Berlin rechtmäßig ist und daher der Kläger nicht die Zustimmung zu einer 15 % übersteigenden Mieterhöhung verlangen kann. Zunächst bejahte der Senat eine Verpflichtung der Zivilgerichte, im Rahmen eines Rechtsstreits über ein Mieterhöhungsverlangen zu prüfen, ob eine von der Landesregierung erlassene Kappungsgrenze-Verordnung den Anforderungen an die Ermächtigungsgrundlage in § 558 Abs. 3 S. 2 und 3 BGB genügt und auch mit höherrangigem Recht im Einklang steht. Diese Voraussetzungen hat der Bundesgerichtshof bejaht. Insbesondere verstößt die Kappungsgrenze-Verordnung nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG und die dort verbürgte Eigentumsgarantie. Denn die Verordnung verfolgt ein legitimes, dem öffentlichen Interesse dienendes Regelungsziel, nämlich in Gebieten mit besonderer Gefährdungslage einen zu raschen Anstieg von Mieten auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete zu dämpfen. Auch ist ein weniger einschneidendes aber gleichwirksames Mittel nicht eindeutig feststellbar. Denn der Gesetzgeber hat im § 558 Abs. 3 S. 2 und 3 BGB keine flächendeckende und zeitlich unbefristete Absenkung der Kappungsgrenze vorgesehen. Auch ist die Kappungsgrenze-Verordnung von der Ermächtigungsgrundlage abgedeckt. Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass die gesamte Stadt Berlin als Gebiet ausgewiesen wurde, in dem die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist.
Denn das Land Berlin hat bei der Beurteilung der maßgeblichen Umstände einen Beurteilung-und Einschätzungsspielraum, der anhand der örtlichen Gegebenheiten ausgefüllt werden muss. Diesen Spielraum verlässt der Verordnungsgeber erst dann, wenn sich seine Erwägungen nicht mehr innerhalb der Zweckbindung der Ermächtigungsgrundlage bewegen und offensichtlich verfehlt sind. Das wurde im Fall der Berliner Verordnung verneint. Es war nicht feststellbar, dass etwa allein die Beschränkung der Gebietsbestimmung auf bestimmte Teile von Berlin sachgerecht gewesen wäre oder dass der Verordnungsgeber ungeeignete Indikatoren herangezogen hätte.