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OLG Hamm, Beschluss vom 23.02.2023 – „Halbteilungsgrundsatz vs Geringfügigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung“


Durch das Oberlandesgericht Hamm war in einem Beschluss vom 23. Februar 2023 – 13 UF 144/22 (NJW 2023, 1742) über die Beschwerde der gesetzlichen Rentenversicherung gegen eine Entscheidung zum Versorgungsausgleich I. Instanz zu entscheiden. Grundlage für die Beschwerde durch den Versorgungsträger war, dass in Bezug auf die Ehefrau Kindererziehungszeiten in einer ersten Auskunft nicht berücksichtigt wurden, dies durch die Beschwerde korrigiert werden sollte. Allerdings hat sich durch die geänderte Auskunft ergeben, dass zwischen den in der Ehezeit erlangten Ansprüchen in der gesetzlichen Rentenversicherung lediglich eine Wertdifferenz von EUR 1.712,99 besteht, damit deutlich unter der Geringfügigkeitsschwelle, zum damaligen Zeitpunkt EUR 3.948,00.

Zunächst wurde durch das OLG Hamm die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bezüglich einer Geringfügigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung, bezüglich des Wertunterschiedes und die insoweit angenommene hohe Bedeutung des Halbteilungsgrundsatzes wiedergegeben. Es wurde zwar darauf hingewiesen, dass der Bundesgerichtshof Wertdifferenzen von EUR 15,71 und EUR 179,33 (BGH NJW-RR 2016, 1476; NJW-RR 2016, 1478) als geringfügig angesehen hat, eine Differenz von EUR 1.855,17 (NJW-RR 2017,129) dagegen nicht, bezogen auf die gesetzliche Rentenversicherung.

Das OLG Hamm hat im Beschluss vom 23. Februar 2023 jedoch die Position eingenommen, dass durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Bereich des Versorgungsausgleichs (BVerfG NJW 2020, 2173) der Halbteilungsgrundsatz an Bedeutung in Bezug auf die Abwägung der unterschiedlichen Interessen verloren hat, dies auch für eine Wertdifferenz in der gesetzlichen Versicherung gelten muss. Es wurde deshalb im Beschwerdeverfahren keine Teilung hinsichtlich der beiden Ansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung vorgenommen. Eine zugelassene Rechtsbeschwerde wurde nicht eingelegt.