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BGH, Urteil vom 10.02.2017 – V ZR 166/16 “Gegen wen bestehen Schadensersatzansprüche?


Die Parteien des Rechtsstreits sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Beklagte hatte Wohngeldschulden aus Zeiträumen zwischen 2009 bis 2011 in Höhe von EUR 14.341,68. Nachdem die Verwaltervergütung nicht gezahlt worden war, legte die Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft ihr Amt zum 31.12.2011 nieder. Auch die Zahlungen an das Strom- wie Wasserversorgungsunternehmen wurden nicht in der geforderten Höhe geleistet, weshalb schließlich vor April 2012 das Versorgungsunternehmen die Lieferung von Allgemeinstrom und Wasser wegen Zahlungsrückständen der Wohnungseigentümergemeinschaft einstellte. Der Kläger, der seine Eigentumswohnung vermietet hatte, verlangt vom Beklagten Schadensersatz, nachdem ihm wegen der Sperrung der Wasserversorgung Mieteinnahmen in Höhe von EUR 1.300,00 entgangen sind. Während das Amtsgericht die Klage abgewiesen hat, gab das Berufungsgericht der Klage statt. Der Beklagte legte Revision ein. Der Bundesgerichtshof hob das Berufungsurteil auf und bestätigte die Klagabweisung durch das Amtsgericht. Als einzige Anspruchsgrundlage kommt nämlich ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 und Abs. 2 BGB i.V.m. § 286 BGB in Betracht. Voraussetzung ist demnach, dass der Beklagte durch die Nichtzahlung der Wohngelder eine Pflicht gegenüber gerade dem Kläger verletzt hat. Das ist aber nicht der Fall. Denn der Kläger hatte gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung der Rückstände in Höhe von EUR 14.341,68 an die Wohnungseigentümergemeinschaft.

Der Anspruch auf Zahlung eines Haus- oder Wohngeldes steht nach entsprechenden Beschlüssen nicht den einzelnen Wohnungseigentümern zu. Alleinige Inhaberin ist nämlich die Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese Ansprüche stehen daher dem rechtsfähigen Verband zu. Bereits 1990 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der einzelne Eigentümer auch nicht zur Geltendmachung der Wohngelder im eigenen Namen befugt ist.

Durch die Nichtzahlung der Wohngelder hat der Beklagte auch nicht seine Pflichten aus dem zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis verletzt. Unter allen Wohnungseigentümern besteht zwar ein gesetzliches Schuldverhältnis, aus dem unter anderen die Pflicht des einzelnen Wohnungseigentümers erwächst, an einer ordnungsgemäßen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums mitzuwirken. Zu dieser Verpflichtung gehört auch die Pflicht, Beschlüsse zu fassen, die dem Verband die finanzielle Grundlage zur Begleichung der laufenden Verpflichtungen verschaffen. Dazu gehört demnach auch die Verpflichtung über die Beschlussfassung über einen entsprechenden Wirtschaftsplan, etwaige Sonderumlagen und die Jahresabrechnung.

Vorliegend geht es aber nicht um solche Mitwirkungspflichten der Wohnungseigentümer im Rahmen der internen Willensbildung des Verbandes. Vielmehr haben die Wohnungseigentümer die Beschlüsse gefasst und damit pflichtgemäß gehandelt. Die hieraus folgende Verpflichtung zur Zahlung der Hausgelder bestand damit nur gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband. Es wäre mit der vorgesehenen Kompetenzverteilung zwischen Verband und Wohnungseigentümer nicht vereinbar, wenn die Pflicht zur Zahlung des Wohngeldes als ein Bestandteil der gegenseitigen Treuepflicht der Wohnungseigentümer qualifiziert würde und die Nichtzahlung Schadenersatzansprüche nicht nur des Verbandes sondern auch der einzelnen Eigentümer auslösen könnte. Dies hätte eine insbesondere in großen Wohnungseigentümergemeinschaften unter Umständen unkalkulierbare Haftungserweiterung der säumigen Wohnungseigentümer zur Folge.

Auf die Grundsätze der so genannten Drittschadensliquidation kann sich der Kläger nicht berufen. Grundlage dieser ist nämlich die Tatsache, dass der Schädiger keinen Vorteil daraus ziehen soll, wenn ein Schaden, der eigentlich bei dem Vertragspartner eintreten müsste, zufällig aufgrund eines zu dem Dritten bestehenden Rechtsverhältnisses auf diesen verlagert wird. Es fehlt aber vorliegend an einer zufälligen Schadensverlagerung. Denn wenn ein Wohnungseigentümer seine Verpflichtung zur Zahlung des Wohngeldes nicht erfüllt, kommen gegen ihn von vornherein nur Schadensersatzansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft in Betracht und nicht der einzelnen Wohnungseigentümer. Der einzelne Eigentümer ist ausreichend dadurch geschützt, indem er gegebenenfalls Schadensersatzansprüche gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft hat. Einen Schaden kann der Eigentümer aber dadurch verhindern, indem der Verwalter dafür sorgt, dass eine Änderung des laufenden Wirtschaftsplans beschlossen wird und auf diese Weise die Liquiditätslücke geschlossen wird oder – wenn kein Verwalter bestellt ist – der einzelne Wohnungseigentümer eine solche Beschlussfassung auf der Grundlage seines Anspruches auf ordnungsgemäße Verwaltung gemäß § 21 Abs. 4 WEG erzwingen kann.

Der Bundesgerichtshof klärt damit eine weitere Facette des durchaus komplizierten Rechtsverhältnisses der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft. Wenn dem Eigentümer ein Schaden entsteht, ist daher sorgfältig zu prüfen, gegen wen sich dieser Anspruch eigentlich richtet.