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Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.09.2024 – V ZR 195/23 – „Fehler der Jahresabrechnung nicht immer relevant“
Ein vorsteuerabzugsberechtigtes Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft ficht einen Beschluss vom 24.07.2021 an, in welchem zu seinen Lasten eine Nachzahlung in Höhe von Euro 172,72 für das Jahr 2020 beschlossen worden ist, wobei sich der Betrag aus der Summe von EUR 148,90 und einem Umsatzsteuerbetrag von 16 % und damit Euro 23,82 errechnete, obwohl der 16 %ige Steuersatz nur im Zeitraum Juli bis Dezember 2020 gegolten hat. Bereits 2009 hat die Wohnungseigentümergemeinschaft auf die Umsatzsteuerfreiheit verzichtet und zur Umsatzsteuer gemäß § 9 Abs. 1 UStG optiert. Der Bundesgerichtshof meint, dass der Beschluss nicht zu beanstanden ist und bestätigt die Klageabweisung des Amtsgerichtes. Nach der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes zum 01.12.2020 beschließen die Wohnungseigentümer nach Ablauf eines Kalenderjahres nur noch über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Im Gegensatz zur alten Rechtslage sind Gegenstand des Beschlusses nur Zahlungspflichten, die zum Ausgleich einer Unter- oder Überdeckung aus dem Wirtschaftsplan erforderlich sind (sogenannte Abrechnungsspitze). Das zugrunde liegende Zahlenwerk ist aber nicht mehr Gegenstand der Beschlussfassung, sondern dient nur ihrer Vorbereitung.
Da es nach neuem Recht einen reduzierten Beschlussgegenstand gibt, widerspricht ein Beschluss der Wohnungseigentümer über die Einforderung von Nachschüssen oder Anpassung der beschlossenen Vorschüsse nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn er betragsrelevante Mängel aufweist. Demnach können Fehler nur dann zu einer gerichtlichen Ungültigerklärung führen, wenn der Fehler sich auf die Abrechnungsspitze und damit auf die Zahlungspflicht des Wohnungseigentümers auswirkt. Das gilt auch, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Umsatzsteuer optiert, so der BGH. Der Bundesgerichtshof legt den Beschluss aus dem Jahr 2009 derart aus, dass für alle Leistungen der Wohnungseigentümergemeinschaft der gleiche, nicht ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt (nämlich der Regelsteuersatz). Auch der Umstand, dass die Wohnungseigentümer bei der Festsetzung des Hausgeldsolls von einem Regelsteuersatz von 19 % für alle Leistungen ausgegangen sind, bedeutet jedoch nicht, dass dieser Steuersatz auch dann gelten soll, wenn er sich während des Wirtschaftsjahres ändert. Denn nächstliegend ist der Beschluss dahingehend auszulegen, dass der jeweils gültige (Regel-) Umsatzsteuersatz geschuldet ist. Dies bedeutet, dass der Kläger laut Wirtschaftsplan im Zeitraum vom 01.01. bis 30.06.2020 einen Umsatzsteuersatz in Höhe von 19 % schuldet und vom 01.07. bis 30.12.2020 einen Umsatzsteuersatz von nur 16 %. Die in der Einzelabrechnung ausgewiesene negative Abrechnungsspitze ist dagegen mit einem Prozentsatz von 16 % zu besteuern, da am Ende der Abrechnungsperiode (Jahr 2020) ein Umsatzsteuersatz von 16 % galt.
Damit konnte der Kläger auch nicht mit der Einwendung durchdringen, dass in der Jahresabrechnung die Umsatzsteuer bei einzelnen gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft erbrachten Leistungen nicht ausgewiesen und aufgeschlüsselt sei. Denn das wäre kein betragsrelevanter Mangel. Denn dass sich die Abrechnungsspitze bei der vom Kläger vermissten Aufschlüsselung verändert hätte, ist nicht ersichtlich.