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BGH, Beschluss vom 29.9.2011 – VII ZR 64/10, OLG Karlsruhe, Urteil vom 23.3.2010 – 8 U 43/09 – „(Duldungs-) Vollmacht des Architekten”


Der Bundesgerichtshof hat eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe bestätigt, in der es (wie häufig) um die Frage ging, ob der Architekt zur Beauftragung von Nachtragsleistungen bevollmächtigt war oder nicht. Im vorliegenden Fall wurde dies vom Bundesgerichtshof bejaht.
Auf einem Baustellentermin, über den ein Protokoll angefertigt wurde, hat der Architekt den Unternehmer beauftragt, eine Beschichtung der Stahlbetonplatte einer Tiefgarage durchzuführen. Nach dem Protokoll muss die Ausführung der Nachtragsleistungen vom Architekten oder dem Bauherrn genehmigt werden.
Der Architekt erteilt den Auftrag/genehmigt den Nachtrag. Hinterher beruft sich der Bauherr auf eine feh-lende Vollmacht des Architekten.

Die Gerichte nehmen eine sogenannte Duldungsvollmacht für den Architekten an, da der Bauherr die Bauprotokolle zur Kenntnis genommen hat. Nicht nur das, sondern der Bauherr nimmt auch das Angebot des Unternehmens und das Auftragsschreiben des Architekten zur Kenntnis ohne dagegen Widerspruch einzulegen und die Zusatzarbeiten zu unterbinden.
Ob eine Duldungsvollmacht auch bereits früher (z. B. wenn der Bauherr nur das Baustellenprotokoll zur Kenntnis bekommt), angenommen wird, bleibt offen. In jedem Fall müssen Bauherren Baustellenproto-kolle, die ihnen zugeleitet werden, aufmerksam lesen und wenn ihnen etwas nicht gefällt oder sie mit dortigen Festlegungen nicht einverstanden sind, widersprechen. Architekten sollten sich tunlichst davor hüten, Aufträge zu erteilen, wenn sie keinen schriftlichen Nachweis haben, dass sie hierzu vom Bauherrn bevollmächtigt sind, da ihnen ansonsten droht, dass sie als Vertreter ohne Vertretungsmacht vom Auftragnehmer in Regress genommen werden.