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Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 24.01.2020 – 9 U 100/18 – “Die Tücken der Fahrzeugreparatur“


Durch das Oberlandesgericht Hamm war in einem Urteil vom 24.01.2020 – 9 U 100/18 (DAR 2021,328 ff.) in II. Instanz über die Abrechnung eines Fahrzeugschadens aufgrund Reparaturausführung zu entscheiden. Die Haftung der gegnerischen Versicherung dem Grunde nach zu 100 % war unstreitig. Der Geschädigte hat ein Gutachten beauftragt, welches zunächst zum Ergebnis gekommen ist, dass Reparaturkosten von brutto EUR 28.935,31 sowie eine Wertminderung von EUR 2.300,00 zur Schadensbeseitigung notwendig sind, dies bei einem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges von EUR 34.000,00 (Restwert von EUR 16.700,00). Damit war das Fahrzeug reparaturwürdig, der Reparaturaufwand war deutlich geringer als der Wiederbeschaffungswert, der Geschädigte hat die Reparatur beauftragt. Über mehrere Abschnitte der Reparatur haben sich immer neue unfallbedingte Schäden gezeigt, an Teilen der Karosserie und Elektronik, wobei zunächst der hinzugezogene Sachverständige noch erklärt hat, dass weiterhin die zulässige 130-Prozent-Grenze eingehalten sei. Letztendlich haben sich bis zum Abschluss der Reparatur jedoch Kosten für die Reparatur von insgesamt EUR 44.156,02 sowie eine erhöhte Wertminderung von EUR 3.800,00 ergeben. Die gegnerische Versicherung hatte außergerichtlich auf Totalschadenbasis abgerechnet (EUR 34.000,00 abzüglich EUR 16.700,00 = EUR 17.300,00). In der I. Instanz wurde ein Teilbetrag weiter zugesprochen, auf die von Seiten des Geschädigten eingelegten Berufung sind die Reparaturkosten nebst Wertminderung in voller Höhe zugesprochen worden.

Es hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass das Prognoserisiko mit Erteilung des Reparaturauftrages aufgrund eines ohne Auswahlverschulden des Geschädigten erstatteten Gutachtens auf den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer übergeht. Pauschal erhobene Einwände eines Auswahlverschuldens waren durch Tatsachen nicht untermauert, insoweit wurde jedoch auf die Darlegungs- und Beweislast des Schädigers bzw. seines Haftpflichtversicherers verwiesen. Weiter wurde ausgeführt, dass weder die ausführende Werkstatt noch der Gutachter in Bezug auf die Verpflichtung zur Schadensgeringhaltung Erfüllungsgehilfen des Geschädigten sind, insoweit wurde auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 63, 182) verwiesen. Das Urteil des OLG Hamm zeigt auf, wie bedeutend das Schadengutachten für die weitere Regulierung ist, soweit der Geschädigte hierauf seine Entscheidung hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise zur Schadensbeseitigung stützt.