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OLG Hamm, Urteil vom 17.05.2024 – 11 U 57/23 – „Die markengebundenen Fachwerkstatt in der fiktiven Abrechnung“


Ein Geschädigter kann hinsichtlich des entstandenen Sachschadens, im Falle eines Verkehrsunfalls insbesondere Fahrzeugschaden die fiktive Abrechnung auf Grundlage eines qualifizierten Kostenvoranschlages oder Sachverständigengutachtens wählen. Insoweit kann streitig werden, welche Kostenstruktur, insbesondere Stundenverrechnungssätzen der fiktiven Berechnung einer Reparatur zugrunde zu legen sind.

Insoweit war durch das Oberlandesgericht Hamm in einem Urteil vom 17.05.2024 – 11 U 57/23 (DAR 2025, 19) über eine Differenz zwischen fiktiven Kosten in einer herstellergebundenen Fachwerkstatt einerseits sowie einer freien Karosseriewerkstatt andererseits in Höhe von EUR 3.266,03 zu entscheiden. Durch das OLG Hamm wurde zunächst die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wiedergegeben, wonach ein Geschädigter grundsätzlich berechtigt ist, die Kosten in einer herstellergebundenen Fachwerkstatt seiner Forderung zugrunde zu legen (beispielsweise Urteil vom 15.07.2014, DAR 2014, 645). Insoweit hat der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer jedoch die Möglichkeit, den Geschädigten im Zusammenhang mit seiner Schadenminderungspflicht auf eine für ihn mühelos erreichbar, qualitativ gleichwertige jedoch günstigere Reparaturalternative es sei denn dies ist dem Geschädigten nicht zumutbar. Aufgrund der Herstellergarantie kommt eine Verweisung bei beschädigten Fahrzeugen, welche noch keine 3 Jahre alt sind, nicht in Betracht. Bei älteren Fahrzeugen scheidet die Verweisung aus, soweit zuvor alle Arbeiten in einer herstellergebundenen Fachwerkstatt, insbesondere die Servicearbeiten nach Herstellervorgaben, ausgeführt wurden.

In dem vom OLG Hamm zu entscheidenden Sachverhalt war Besonderheit, dass zwar vor dem Schadensereignis am beschädigten Fahrzeug alle Arbeiten einer herstellergebundenen Fachwerkstatt ausgeführt wurden. Serviceintervalle waren jedoch teilweise, in einem Fall erheblich, um 2 Jahre, überschritten worden, dies allerdings Vorkauf durch den Geschädigten. Aufgrund der Gesamtumstände, insbesondere der plausibelen Darstellung durch den Geschädigten, dass für diese die Durchführung des Servicearbeiten in der herstellergebundenen Fachwerkstatt wesentlich gewesen sei, dieser jedoch der Überschreitung des Zeitintervalls keine große Bedeutung beigemessen hat, hat das OLG Hamm festgestellt, dass dem Geschädigten die Verweisung im konkreten Fall nicht zumutbar sei, deshalb die Zahlung fiktiver Reparaturkosten als Schadensersatz auf Grundlage der höheren Kosten in einer herstellergebundenen Fachwerkstatt erfolgen muss.