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OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.4.2011 – 1 U 151/10 – „Dauerthema Halswirbelsäule”
Im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen ist ein Anspruch aufgrund Körperverletzung durch eine Distorsion (Verstauchung) der Halswirbelsäule seit Jahren heftig umstritten. Zunächst wurde durch erst- und zweitinstanzlich zuständige Gerichte vielfach zugrunde gelegt, dass eine „Harmlosigkeitsschwelle“ für eine unfallbedingte Belastung der Halswirbelsäule besteht, dies mit sachverständiger Unterstützung zumeist angenommen bei einer Geschwindigkeitsänderung von weniger 13 km/h. Durch ein Urteil des BGH vom 30.6.2008 (Az. 1 U 161/08, NJW-RR 2008, 1051) wurde sodann entschieden, dass eine solche Harmlosigkeitsschwelle, unterhalb derer eine Verletzung sicher ausgeschlossen werden kann, wissenschaftlich nicht nachvollziehbar ist. Da zugleich auf die Feststellung konkreter Umstände anlässlich des Unfalls verwiesen wurde, wird die Auseinandersetzung bei der Unfallregulierung im Bereich geringer Geschwindigkeiten fortgesetzt.
Nunmehr hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf erneut in einem Urteil vom 12.4.2011, Az. 1 U 151/10 (NJW 2011, 3043) über einen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen umstrittener HWS-Distorsion zu entscheiden. Durch das Oberlandesgericht Düsseldorf wurde auf die oben dargestellten Umstände zutreffend verwiesen, insbesondere darauf, dass eine Harmlosigkeitsschwelle nicht besteht und auf die konkreten Umstände abzustellen ist. Im Ergebnis wurde jedoch ein Schmerzensgeldanspruch verneint, da bei dem erst 25-jährigen Kläger altersbedingt eine besondere Verletzungsanfälligkeit nicht zu erwarten war und auch durch den Kläger selbst keine Gründe für eine solche besondere Verletzungsanfälligkeit genannt wurden. Ein gerichtlicher Sachverständiger hat jedoch festgestellt, dass die Anstoßgeschwindigkeit lediglich mit 5 km/h feststellbar ist, sodass sich im Ergebnis das Oberlandesgericht Düsseldorf nicht von einer unfallbedingten Verletzung überzeugen konnte.
Soweit die gegnerische Versicherung mit der Begründung einer nur geringen Auffahrgeschwindigkeit eine unfallbedingte Körperverletzung bestreitet, ist deshalb besonders darauf zu achten, dass die Umstände des Unfalls sowie eine etwaige Vorbelastung, welche die Verletzung erleichtert haben, ausführlich dargestellt werden.