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BAG, Beschluss vom 07.07.2020 – 9 AZR 401/19 – “Bundesarbeitsgericht ruft den EuGH an wegen Erlöschen des Urlaubs bei Langzeiterkrankung“


Das Bundesarbeitsgericht hat im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob es das Unionsrecht gestattet, dass der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers bei ununterbrochener fortbestehender Erkrankung 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres auch erlischt, wenn der Arbeitgeber keine Hinweise zum Verfall des Urlaubs und keine Aufforderung, den Urlaub zu nehmen, erteilt.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof durfte der Urlaubsanspruch 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres, wenn eine fortdauernde Erkrankung bestand, verfallen (Urteil vom 22.11.2011 – C-214/10). Mittlerweile hat der Europäische Gerichtshof aber auch entschieden, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordern muss, seinen Urlaub zu nehmen und auf den Verfall hinweisen muss. Das Bundesarbeitsgericht hat nun Zweifel daran, ob diese Verpflichtung auch besteht, wenn der Arbeitnehmer fortdauernd erkrankt ist (und den Urlaub ohnehin nicht nehmen kann). Er überlegt dies insbesondere deshalb, da vorab nicht bekannt ist, wie lang die Erkrankung dauert und es somit zumindest (theoretisch) möglich sein könnte, dass der Arbeitnehmer noch die Gelegenheit hat, seinen Urlaub zu nehmen.

Es ist völlig offen, wie der Europäische Gerichtshof das Vorabentscheidungsersuchen verbescheidet, allerdings dürfte für Arbeitgeber jetzt schon gelten, dass es sinnvoll ist, auch langzeiterkrankte Arbeitnehmer den in allen Arbeitsverhältnissen notwendigen Hinweis zu erteilen, dass Urlaub ab einem bestimmten Zeitpunkt (Jahresende/31.03. des Folgejahres) verfällt und sie aufzufordern, den Urlaub rechtzeitig zu beantragen und zu nehmen.