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BGH, Urteil vom 21.08.2019 – VIII ZR 265/18

BGH, Urteil vom 21.08.2019 – VIII ZR 263/18 – “BGH entscheidet zu den Hinweispflichten nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)“


Wie in unserem Newsletter 11/2016 berichtet, sind Unternehmer seit Februar 2017 verpflichtet, darüber zu informieren, inwieweit sie bereit oder verpflichtet sind, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen und ggf. auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen (§ 36 VSBG). Dazu gibt es zwei aktuelle Entscheidung des BGH vom 21.08.2019:

1. Eindeutige Entscheidung erforderlich

Mit dem Urteil zum Az. VIII ZR 265/18 hat der BGH entschieden, dass ein Unternehmer eindeutig klarstellen muss, ob er zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bereit ist und er seiner Mitteilungspflicht nach dem VSBG nicht ausreichend klar und verständlich nachkommt, wenn er mitteilte, dass er dies nur „im Einzelfall“ ist.

Im Streitfall wurde der Betreiber eines Online-Shops abgemahnt, weil im Impressum seiner Internetseite folgender Hinweis stand:

„Der Anbieter ist nicht verpflichtet, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Die Bereitschaft dazu kann jedoch im Einzelfall erklärt werden.“

Ein nahezu gleichlautender Hinweis erfolgte auch in den AGB des Shop-Betreibers. Die Abmahnung erfolgte zurecht, wie der BGH nunmehr mit seinem Urteil bestätigt hat. Denn nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG muss der Unternehmer den Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich darüber in Kenntnis setzen, ob er bereit oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Dem Klarheits- und Verständlichkeitsgebot kommt dabei nach dem Sinn und Zweck der Regelung eine wichtige Bedeutung zu, weil es dazu dient, dem Verbraucher als künftigen Vertragspartner auf einfache Weise ausreichend Informationen über den Umgang des Unternehmens mit eventuellen Streitigkeiten zu liefern, bevor dieser die Entscheidung trifft, ob er mit dem Unternehmer ein Rechtsgeschäft abschließt oder nicht. Der Hinweis des Shop-Betreibers, er sei zu einer Teilnahme „im Einzelfall“ bereit, genügt diesen Anforderungen nicht, weil sie offen lässt, von welchen Kriterien der Unternehmer seine Entscheidung abhängig macht, sich auf eine Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren einzulassen und daher den Verbraucher zu einer Nachfrage zwingt. Dies läuft dem Sinn und Zweck des § 36 Abs. 1 VSBG zuwider.

Die damit ggf. verbundene Folge, dass sich der Shop-Betreiber zukünftig entscheiden wird, sich in keinem Fall mehr zur Mitwirkung an einem Streitbeilegungsverfahren bereit zu erklären, ist aus Sicht des BGH hinzunehmen und Ausdruck der vom Gesetzgeber gewollten Freiwilligkeit der Teilnahme an einer außergerichtlichen Konfliktbeteiligung.

2. Wer j(a) sagt muss nicht die zuständige Ver(b)raucherschlichtungsstelle benennen…

Mit dem Urteil zum Aktenzeichen VIII ZR 263/18 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Unternehmer, der sich freiwillig und ohne dazu verpflichtet zu sein für die Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren entscheidet, die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle nicht angeben muss.

In diesem Fall hatte sich der Unternehmer klar für die Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren ausgesprochen, allerdings die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle nicht angegeben. Dies ist aus Sicht des BGH unkritisch, weil die Verpflichtung zur Angabe der Verbraucherschlichtungsstelle nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 VSBG nur denjenigen trifft, der sich zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren verpflichtet hat oder hierzu aufgrund von Rechtsvorschriften verpflichtet ist. Eine solche Teilnahmeverpflichtung, der sich der Unternehmer nicht entziehen kann, ist aber weder nach dem allgemeinen Sprachgebrauch noch nach der Terminologie des Gesetzes mit der freiwilligen Erklärung, zu einer Mitwirkung an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle bereit zu sein, gleichzusetzen.

3. Fazit

Der BGH hat mit seinen beiden Entscheidungen offene Fragen im Zusammenhang mit § 36 VSBG geklärt. Unternehmen, die nicht zur Teilnahme an einem Verbraucherschlichtungsverfahren verpflichtet sind, müssen sich zunächst entscheiden, ob sie dazu generell freiwillig bereit sind oder nicht und diese Entscheidung klar äußern (z.B. „Wir sind [alternativ: nicht] dazu bereit, an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen“). Die Angabe der zuständigen Verbraucherschlichtungsstelle muss nur dann erfolgen, wenn das Unternehmen zur Teilnahme verpflichtet ist, also nicht, wenn es sich nur zu einer Teilnahme freiwillig bereit erklärt.