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OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 22.11.2024 – 2 U 101/23 – „Beschränkung der Minderungsbefugnis und prozessuale Behandlung“


Gewerbliche Mietverträge enthalten sehr häufig eine dahingehende formularmäßige Beschränkung der Minderungsbefugnis des Mieters, dass eine Minderung durch Abzug von der Miete nur dann zulässig ist, wenn das Minderungsrecht unstrittig ist oder rechtskräftig festgestellt wurde. Mieter mindern gelegentlich trotzdem die Miete und reagieren auf eine Zahlungsklage des Vermieters mit einer Feststellungswiderklage mit dem Inhalt, zur Minderung berechtigt zu sein. Dies ist ausweislich eines Beschlusses des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 22.11.2024 – 2 U 101/23 – kein gangbarer Weg. Vielmehr muss ein Mieter bei einer solchen Vertragsgestaltung die Miete – dringend zu empfehlen ist unter Vorbehalt der Rückforderung – zahlen und dann Klage auf Rückzahlung der Minderungsbeträge erheben.

In dem vom Oberlandesgericht Frankfurt entschiedenen Fall enthielt der Mietvertrag folgende Formularklausel (also eine Allgemeine Geschäftsbedingung):

„Der Mieter kann gegenüber Forderungen des Vermieters nur mit Gegenforderungen aufrechnen, wenn diese vom Vermieter nicht bestritten oder rechtskräftig festgestellt wurden und wenn er dies mindestens einen Monat vor Fälligkeit der Miete schriftlich angekündigt hat. Die Aufrechnung ist auf Forderungen aus dem Vertragsverhältnis der Parteien hinsichtlich des Mietgegenstands beschränkt.

Der Mieter kann ein Minderungsrecht nur geltend machen, wenn dieses von dem Vermieter nicht bestritten oder rechtskräftig festgestellt wurde und wenn er dies mindestens einen Monat vor Fälligkeit der Miete schriftlich angekündigt hat. Ein nachträglicher Rückforderungsanspruch des Mieters bleibt unberührt.

Der Mieter kann ein Zurückbehaltungsrecht nur geltend machen, wenn dieses von dem Vermieter nicht bestritten oder rechtskräftig festgestellt wurde und wenn er dies mindestens einen Monat vor Fälligkeit der Miete schriftlich angekündigt hat. Dasselbe gilt für die Einrede des nicht erfüllten Vertrages.“

Der Mieter macht geltend, er könne die Miete wegen Mängeln um 30 % mindern und zahlt nur 70 % der Miete. Er geht in die Offensive und klagt auf Feststellung, dass dem Vermieter keine darüber hinausgehende Miete zusteht. Der Vermieter erhebt Leistungwiderklage auf Zahlung der restlichen 30 % der Miete.

Das Oberlandesgericht Frankfurt entscheidet, dass die Feststellungsklage des Mieters mit Erhebung der Leistungswiderklage unzulässig wurde. Das negative Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 ZPO ist subsidiär gegenüber einer auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichteten Leistungswiderklage, sobald über diese streitig verhandelt wurde (BGH, Urteil vom 22.01.1987 – I ZR 230/85). Im Umfang der Deckungsgleichheit der negativen Feststellungsklage und der Leistungswiderklage ist das Feststellungsbegehren mangels Rechtsschutzbedürfnis gemäß § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig. Der negative Feststellungsantrag ist – ohne dass es hierauf eigentlich noch ankäme – auch nicht begründet. Dem Mieter steht kein Feststellungsanspruch zu, denn das Minderungsrecht war nicht unbestritten und konnte nach der vertraglichen Regelung nicht durch Einbehalt dieses Teils der Miete durchgesetzt werden. Die formularmäßige Beschränkung der Rechte zur Minderung unter Vorbehalt der Rückforderung im Mietvertrag ist wirksam. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs benachteiligen Minderungsbeschränkungen in Geschäftsraummietverträgen, die den Mieter bei Vorliegen eines den Gebrauch einschränkenden Mangels einstweilen zur Zahlung der vollen Mieter verpflichten und ihn wegen der überzahlten Miete auf einen Rückzahlungsanspruch gemäß § 812 BGB verweisen, den Mieter nicht unangemessen (BGH NJW 1984, 2404; BGH NJW-RR 1993, 519; BGH NJW 2008, 2497). Die Klausel ist auch nicht deswegen unwirksam, weil sie die Herabsetzung der Miete von einer unstreitigen oder rechtskräftig festgestellten Minderung und von deren schriftlicher Ankündigung einen Monat vor Fälligkeit abhängig macht. Auch insoweit ist die Klausel im Hinblick auf § 307 Abs. 1 BGB unbedenklich (so etwa Schmidt-Futterer-Streyl, Mietrecht 16. Aufl. 2024 § 536 Rn. 335).