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OLG München, Beschluss vom 7.4.2011 – 31 WX 227/10 – „Auswirkungen einer Pflichtteilsstrafklausel”


In gemeinschaftlichen Testamenten von Ehegatten setzten diese sich häufig wechselseitig zu Alleinerben ein. Die gemeinsamen Kinder werden dann zu Schlusserben bestimmt. Dies hat zur Folge, dass nach dem Tod der Erstversterbenden die Kinder nichts erben. Ihnen steht aber nach dem Gesetz ein Pflichtteilsrecht zu. Wird dieses von einem der Kinder geltend gemacht, erhält dieses neben dem Pflichtteil nach dem Tod des Erstversterbenden auch den Erbteil nach dem Tod des zweiten Elternteils und damit mehr als das Kind, das auf den Pflichtteil verzichtet. Um dies – und auch eine Auseinandersetzung des überlebenden Ehegatten mit den Kindern um den Pflichtteil – zu verhindern, wird in Ehegattentestamenten häufig eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel aufgenommen, wonach das Kind, das nach dem Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil verlangt auch nach dem Tod des Zweitversterbenden nur den Pflichtteil erhält und damit auch für diesen Erbfall enterbt wird. Eine derartige Klausel verfolgt das Ziel, den Nachlass zunächst den überlebenden Ehegatten ungehindert zukommen zu lassen und einen gerechten Ausgleich unter den Kindern herzustellen.

Das OLG München hatte nunmehr darüber zu entscheiden, wie sich eine entsprechende Pflichtteilsstrafklausel auswirkt, wenn ein Erbe nicht nur den Pflichtteil sondern die Unwirksamkeit des gemeinschaftlichen Testaments insgesamt geltend macht und damit den gesetzlichen Erbteil fordert. In dem zur Entscheidung vorliegenden Fall hatte sich eines der Kinder darauf berufen, dass das gemeinschaftliche Testament der Eltern unwirksam sei. Es wurde damit nicht nur der Pflichtteil sondern darüber hinaus ein voller Erbteil in gesetzlicher Höhe beansprucht. Dieser Fall wurde in der von den Ehegatten gewählten Pflichtteilsstrafklausel nicht ausdrücklich berücksichtigt. Gleichwohl kam das Gericht nach einer Auslegung der Klausel zu dem Ergebnis, dass auch die Geltendmachung des Erbteils von der Pflichtteilsstrafklausel erfasst ist. Die Geltendmachung eines Erbteils gehe sowohl in rechtlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht über den nach dem Wortlaut der Pflichtteilsstrafklausel unmittelbar erfassten Regelungsgehalt (Forderung des Pflichtteils) hinaus und führe daher erst recht zur Erfüllung des Tatbestands der Ausschlussklausel. Durch das Verhalten widersetze sich das Kind, das den Erbteil geltend mache, gerade dem Willen der Eltern, sodass die Pflichtteilsstrafklausel auch in diesem Fall verwirkt sei. Dem Kind, das nach dem Tod des Erstversterbenden den gesetzlichen Erteil verlangt hat, stünde daher auch nach dem Tod des Zweitversterbenden nur der Pflichtteil zu.