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LG Stuttgart, Urteil vom 3.3.2023 – 35 O 108/22 KfH – “Ausschlussfrist und Hauswartkosten“


In einem von uns erstrittenen Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 3.3.2023 – 35 O 108/22 KfH beschäftigte sich das Landgericht mit der Wirksamkeit einer Ausschlussfrist und den Hauswartkosten.

In dem Mietvertrag ist folgende formularmäßige Ausschlussklausel enthalten:

„Die Nebenkosten werden von der Vermieterin kalenderjährlich, spätestens bis zum 31. Dezember des Folgejahres, abgerechnet. Die Vermieterin hat der Mieterin auf Verlangen Einsicht in die Abrechnungsunterlagen zu gewähren. Einwendungen gegen die Abrechnung muss die Mieterin innerhalb eines Monats nach Zugang der Abrechnung schriftlich bei der Vermieterin geltend machen; ansonsten gilt die Abrechnung als genehmigt, wenn die Vermieterin auf diese Konsequenz in der Abrechnung oder in einem entsprechenden Begleitschreiben hingewiesen hat.“

Die Vermieterin erstellt unter dem Datum des 18.12.2020 die Nebenkostenabrechnung 2019, die der Mieterin einige Tage später zuging. Die Abrechnung enthielt folgenden Hinweis: „Einwendungen gegen diese Abrechnung sind binnen eines Monats schriftlich bis zum 18.1.2021 zu erheben. Nach Ablauf dieser Widerspruchsfrist gilt die Abrechnung als genehmigt.“

Monate später erhebt die Mieterin Einwendungen gegen die Nebenkostenabrechnung. Die Vermieterin ist der Auffassung, die Mieterin sei mit den Einwendungen ausgeschlossen. Das Landgericht Stuttgart ist mit zutreffender Begründung anderer Auffassung. Die Mieterin kann die Fehlerhaftigkeit der Nebenkostenabrechnung trotz Versäumung der Monatsfrist noch rügen. Die Genehmigungsfiktion ist mangels korrektem Hinweis nicht eingetreten. Die Vermieterin hat die Monatsfrist nämlich fehlerhaft nicht ab Zugang der Abrechnung, sondern ab dem Datum der Erstellung berechnet und eine entsprechende Ausschlussfrist mitgeteilt. Dies entspricht nicht der vertraglichen Regelung. Der Hinweis ist damit fehlerhaft. Rechtsfolge ist, dass die Fiktion (die Genehmigung) nicht eintritt (so auch Münchner Kommentar BGB, 9. Aufl. 2022, § 308 Abs. 5 Rn. 14). Es wird auch keine angemessen lange oder korrekt lange Frist in Kraft gesetzt. Durch den Hinweis wird keine Frist gesetzt, die im Zweifel angemessen lang ausgestaltet wird, sondern es wird der Empfänger über den Lauf der Frist informiert. Erfolgt dies fehlerhaft, wird hierdurch nicht der Lauf der Frist verändert, diese ist vertraglich geregelt, sondern es handelt sich nur um eine fehlerhafte Auskunft. Da die Fiktion bereits aus diesem Grunde nicht eingreift, konnte die Frage, ob die Klausel an sich wirksam ist, dahinstehen.

Das Urteil befasste sich auch mit den Kosten des Hauswarts. Diese waren dem Grunde nach im Mietvertrag wirksam umgelegt. Aus dem Leistungsverzeichnis ergab sich aber, dass die Hausmeister unter anderem auch befasst waren mit der Ablesung von Zählern, dem Einsatz in Mietbereichen nach Aufforderung durch den Mieter, der Beseitigung von verschiedenen technischen Störungen, Wartungsarbeiten an technischen Anlagen, der Beseitigung von Graffiti und sonstigem Schmutz an der Fassade, der Betreuung von Handwerkern, sofern diese nicht wiederum umlagefähige Tätigkeiten ausüben und der Reparatur von Türen und dem Einkauf von Verbrauchsmaterialien. Diese Tätigkeiten sind allesamt keine Hauswartstätigkeiten im Sinne der gesetzlichen Definition in § 2 Nr. 14 Betriebskostenverordnung. Deshalb hätte die Vermieterin eine Abgrenzung der umlagefähigen und der nicht umlagefähigen Tätigkeiten nach Aufwand vornehmen und sodann einen Abschlag begründen müssen. Dies hat die Vermieterin nicht getan und es ist ihr im Rechtsstreit auch nicht gelungen, die umlagefähigen Hauswartkosten nachvollziehbar von den nicht umlagefähigen Kosten abzugrenzen. Das Landgericht führt aus, dass die Ermittlung der umlagefähigen Kosten am besten durch Stundenlisten erfolgt, die über mehrere Monate geführt werden. Zwar war die Vermieterin vom Gericht aufgefordert worden, Stundenlisten für den gesamten Abrechnungszeitraum vorzulegen. Dem ist die Vermieterin aber nicht nachgekommen. Sie hat nur Aufzeichnungen für einige Wochen vorgelegt. Nach Erteilung des gerichtlichen Hinweises hatten die Hausmeister für einige Wochen handschriftliche Aufzeichnungen über die ausgeübten Tätigkeiten gefertigt. Das war nach Auffassung des Landgerichts nicht ausreichend, um einen auch nur rudimentären Überblick über die während eines Jahres anfallenden Tätigkeiten und die grobe zeitliche Verteilung der verschiedenen Tätigkeiten zu erlangen. Hierzu hätte es einer Darlegung über einen erheblich längeren Zeitraum bedurft, wenigstens mehrere Monate. Auch eine Schätzung der jeweiligen Anteile nach § 287 ZPO kam nach zutreffender Auffassung des Landgerichts nicht in Betracht, da die Vermieterin keine ausreichende Schätzungsgrundlage lieferte. Die Leistungsbeschreibung allein war hierzu nicht ausreichend, da sie lediglich ein Indiz darstellt (BGH NJW 2008, 1801). Der Vermieter muss nachvollziehbare Angaben dazu machen, wie oft und mit welchem Zeitaufwand welche Tätigkeiten tatsächlich anfielen (OLG Düsseldorf ZMR 2011, 861). Geschieht dies nicht, fehlt eine geeignete Schätzungsgrundlage mit der Folge, dass keine umlagefähigen Hauswartkosten ermittelt werden können (so auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.3.2012 – I-24 U 123/11 –, Rn. 64, juris).