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OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2017 – 7 U 40/16 Auch das Verschenken einer Yacht beeinträchtigt nicht zwingend den Vertragserben


Grundsätzlich ist der Erblasser frei, über sein Vermögen zu verfügen, sowohl zu Lebzeiten als auch für den Fall seines Todes. Einschränkungen für Schenkungen gibt es, wenn sich der Erblasser z. B. durch einen Erbvertrag bereits gebunden hat. Dann wird der Begünstigte des Erbvertrages (sogenannter Vertragserbe) vor Schenkungen geschützt, die ausschließlich dem Zweck dienen, sein Erbe zu beeinträchtigen (§ 2287 BGB). Das OLG Düsseldorf hatte insoweit über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Der Erblasser hatte mit der Beklagten, seiner zweiten Ehefrau, einen Erbvertrag geschlossen, wonach die beiden Kinder aus erster Ehe jeweils zu Alleinerben bestimmt wurden. 10 Tage nach dem Abschluss des Erbvertrages heirateten der Erblasser und die Beklagte und übereignete er dieser eine Yacht im Wert von ca. EUR 575.000,00. Der Kläger, Sohn des Erblassers aus erster Ehe, verlangt nach dem Tod des Erblassers die Herausgabe der Yacht, weil die Schenkung mit Beeinträchtigungsabsicht erfolgt sei.

Das OLG hat die Klage abgewiesen und darauf hingewiesen, dass eine Beeinträchtigungsabsicht nicht ersichtlich sei. Maßgeblich ist, ob der Erblasser ein so genanntes lebzeitiges Eigeninteresse an der Schenkung hatte. Dann scheidet nach der Rechtsprechung eine Benachteiligungsabsicht aus. Entscheidend ist insoweit, ob die Gründe des Erblassers für die Schenkung ihrer Art nach so sind, dass der durch den Erbvertrag Bedachte sie anerkennt und deshalb die sich für ihn aus der Verfügung ergebende Benachteiligung hinnehmen muss. Das wird dann angenommen, wenn es dem Erblasser um seine Versorgung und gegebenenfalls auch Pflege im Alter geht oder wenn der Erblasser in der Erfüllung einer sittlichen Verpflichtung handelt, etwa mit dem Geschenk einer Person, die ihm in besonderem Maße geholfen hat, seinen Dank abstatten will, aber auch, wenn es sich um eine Pflicht- oder Anstandsschenkung handelt. Dabei ist auf die Ansichten und Gepflogenheiten sozial gleichgestellter Kreise abzustellen, insbesondere darauf, ob die Unterlassung des Geschenkes zu einer Einbuße an Achtung in diesem Personenkreis führe. Unter Anwendung dieser Grundsätze hat das OLG entschieden, dass die Schenkung der Motoryacht nicht mit Benachteilungsabsicht erfolgt ist. Insoweit sei zu berücksichtigen, das eine Hochzeit unabhängig davon, ob sie mit zahlreichen Gästen oder im „kleinen Kreis“ gefeiert wird, ein Ereignis ist, zu dem ein wertvolles Geschenk an den Ehegatten üblich und dass angemessen ist und das Geschenk nicht außer Verhältnis zum Vermögen des Erblassers stand. Immerhin hatte der Erblasser zum Zeitpunkt der Schenkung Geschäftsanteile von rund 8 Millionen Euro und darüber hinaus Grund- und Barvermögen von mehr als 2 Millionen Euro.

Die Entscheidung und ihre Begründung ist durchaus zweifelhaft. Zwar sind bei der Bewertung, ob eine Anstandsschenkung vorliegt auch die finanziellen Verhältnisse des Erblassers zu berücksichtigen, eine Schenkung mit einem Wert von EUR 575.000,00 dürfte aber auch bei einem Vermögen von rund 10 Millionen Euro das übliche Maß übersteigen. Der Streit hätte in jedem Fall vermieden werden können, da der Erblasser sicherlich bereits bei Abschluss des Erbvertrages 10 Tage vor der Hochzeit wusste, dass er beabsichtigt, seiner zukünftigen Ehefrau die Yacht zu schenken, so dass es ein Leichtes gewesen wäre, dies durch eine rechtssichere Vertragsgestaltung zu regeln.