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OLG Stuttgart, Urteil vom 20.02.2018 – 4 Rv 25 Ss 982/17 – “Anhörungsbogen in Bußgeldverfahren und Strafbarkeit


Es hatte sich das OLG Stuttgart in jüngster Zeit unter verschiedenen Varianten mit der Frage zu befassen, ob falsche Angaben in einem Anhörungsbogen wegen des Verdachts der Begehung einer Ordnungswidrigkeit, im Rahmen eines Bußgeldverfahrens, strafbar sind.

So war mit Urteil vom 20.02.2018 – 4 Rv 25 Ss 982/17 auf die Revision der Staatsanwaltschaft über einen Freispruch im Berufungsverfahren zu entscheiden. Nach dem maßgeblichen Sachverhalt hatte ein Fahrzeughalter wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 58 km/h (Geldbuße EUR 480,00, ein Monat Fahrverbot) über das Internet Kontakt mit einer unbekannten Person aufgenommen, welche angeboten hat, die Folgen eines entsprechenden Bußgeldbescheides „zu übernehmen“. Nach Zahlung von EUR 1.000,00 und Übersendung des Anhörungsbogens hat die unbekannte Person eine fiktive Identität auf dem Anhörungsbogen eingetragen und hierauf, für die nicht existente Person, das Vergehen bestätigt. Hierauf wurde ein Bußgeldverfahren gegen die fiktive Person eingeleitet und das Verfahren gegenüber dem Fahrzeughalter eingestellt. Bis die Bußgeldbehörde die näheren Umstände aufgeklärt hat, war gegenüber dem Halter und Fahrer die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit verjährt.

In erster Instanz ist der Fahrzeughalter wegen des Vorwurfs der falschen Verdächtigung verurteilt worden, die Berufungsinstanz hat das Urteil aufgehoben, den Fahrzeughalter freigesprochen. Das OLG Stuttgart hat dies bestätigt. Maßgeblich war insoweit, dass die Angabe einer lediglich fiktiven Identität nach allen Gesichtspunkten der Auslegung der gesetzlichen Vorschrift, § 164 Abs. 2 StGB, nicht tatbestandsmäßig ist. Es konnte insoweit offenbleiben, ob die Überlassung der Ausfüllung des Anhörungsbogens durch einen Dritten selbst strafbar ist, wobei dies in einer vorangegangenen Entscheidung durch das OLG Stuttgart verneint wurde (Beschluss vom 07.04.2017, NJW 2017, 1971).

Zwar sind die Entscheidungen des OLG Stuttgart zutreffend begründet und schaffen Klarheit hinsichtlich der Einordnung falscher Angaben bei der Ausfüllung eines Anhörungsbogens. Zugleich zeigen jedoch die Fälle, dass zumindest die Amtsgerichte gewillt sind, wie auch die Staatsanwaltschaften, derartige Vorgänge nach Möglichkeit strafrechtlich zu verfolgen.