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OLG Celle, Beschluss vom 6.10.2011 – 10 WF 300/11 – „Kindesunterhalt im freiwilligen sozialen Jahr?”


Eltern schulden ihren Kindern Unterhalt bis zum Abschluss einer Erstausbildung (§ 1610 Abs. 2 BGB). Unproblematisch ist diese Regelung, soweit die Erstausbildung in Form einer abgeschlossenen Lehre oder auch eines Studiums erfolgt. Es treten jedoch immer wieder Streitigkeiten auf, soweit nach Ende des Besuches der allgemeinbildenden Schule nicht direkt der Ausbildungsgang ergriffen wird, welcher zum später angestrebten Abschluss führt, sondern dies in „Zwischenschritten“ geschieht. So wurde in der Vergangenheit bereits durch den BGH gebilligt, dass ein Abiturient auch nach erfolgreich abge-schlossener Lehre noch einen Unterhaltsanspruch während eines anschließenden Studiums haben kann, soweit bestimmte Voraussetzungen, insbesondere inhaltliche Übereinstimmung und zeitnahe Durchführung, vorliegen.

Nunmehr hatte sich das OLG Celle in einem Beschluss vom 6.10.2011, Az. 10 WF 300/11 mit der Frage zu befassen, ob ein Kind mit mittlerer Reife, welches ein freiwilliges soziales Jahr ableistet, mit dem Ziel, danach das Abitur abzulegen, auch während des freiwilligen sozialen Jahres einen Unter-haltsanspruch haben kann. In der Vergangenheit wurde ein solcher Unterhaltsanspruch während des freiwilligen sozialen Jahres nur bestätigt, soweit es sich um notwendige Voraussetzungen für ein be-absichtigtes Studium oder eine beabsichtigte Ausbildung (insbesondere bei einem beabsichtigten sozialen Beruf) handelt.
Das OLG Celle hat nunmehr im Beschluss vom 6.10.2011 den Unterhaltsanspruch generell erweitert, auch wenn ein sozialer Beruf nicht oder noch nicht angestrebt wird, da durch Gesetzesänderung vom 16.5.2008 festgelegt wurde, dass ein freiwilliges soziales Jahr der „Bildungsfähigkeit“ des Jugendli-chen dient. Das OLG Celle hat daraus geschlossen, dass unabhängig vom angestrebten späteren Beruf ein freiwilliges soziales Jahr ein sinnvoller, allgemeiner Ausbildungsabschnitt sein kann, mit der Folge, dass grundsätzlich der Anspruch auf Kindesunterhalt besteht. Es müssen dann lediglich Leis-tungen zur Bedarfsdeckung, insbesondere Kindergeld und gegebenenfalls auch Zahlungen des Ein-richtungsträgers während des sozialen Jahres vom Unterhaltsbedarf abgezogen werden.