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Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 28.09.2018 – 11 U 128/17 – “Zur Wichtigkeit der Bedenkenanmeldung“


Das Oberlandesgericht Hamburg hat in einer – richtigen – Entscheidung die besondere Bedeutung und Tragweite der Bedenkenanmeldung herausgestellt. Zugrunde lag folgender Sachverhalt:

Die Klägerin hat als Generalunternehmerin für einen Oralchirurgen dessen Praxis ausgebaut. Dem Vertrag lag eine von einem Dritten gefertigte Planung und ein Auftrags- und Leistungsverzeichnis zugrunde, das unter anderem auch vorsah, dass ein sogenannter Design-PVC als Bodenbelag verwendet wurde. Die Leistungen wurden erbracht und abgenommen, nach relativ kurzer Zeit rügte der Oralchirurg allerdings, dass der Bodenbelag zahlreiche Druckstellen, partielle Fremdeinschlüsse und Verunreinigungen unterhalb der Design-Bodenbelag-Ebene aufwies sowie sogenannte Spachtelmassenkellenschläge, die sich abzeichneten. Die Klägerin ließ – sachverständig beraten – den Fußbodenbelag erneuern (sehr aufwendig, da die gesamte Praxis ausgeräumt werden musste). Die Nachbesserungsarbeiten wurden zur Zufriedenheit des Oralchirurgen durchgeführt, der allerdings kurze Zeit später die gleichen Mängel feststellte, also wieder Dellen, Eindrücke und Kellenschläge. Er forderte erneut die Mangelbeseitigung, die Klägerin lehnte ab und klagte ihren offen stehenden Werklohn ein. Der beklagte Oralchirurg erklärte Aufrechnung mit seinem Vorschussanspruch auf Mangelbeseitigungskosten – und gewann in beiden Instanzen.

Das Oberlandesgericht Hamburg führt aus, dass auch die optische Beeinträchtigung des Fußbodenbelags einen Mangel darstelle, da diese optisch stark störenden Symptome die berechtigte Erwartung des Oralchirurgen an den Design-Bodenbelag nicht erfüllte, obwohl keine Einschränkung der Benutzbarkeit des Belags vorlag.

Im Verfahren berief sich die Generalunternehmerin auch darauf, dass der ausgeschriebene Bodenbelag nicht geeignet sei und vom Planer des Beklagten vorgegeben. Das half ihr aber deswegen nicht, da sie hierauf nicht vor Ausführung ihrer Arbeiten im Rahmen einer Bedenkenanmeldung hingewiesen hat. Das Oberlandesgericht Hamburg führt aus, dass der Werkunternehmer, dessen eigene Tätigkeit im engen Zusammenhang mit der Vorarbeit eines anderen Unternehmers oder einer fremden Planung steht, prüfen und gegebenenfalls auch eigene Erkundigungen einziehen muss, ob die Vorarbeiten/Planung eine geeignete Grundlage für sein Werk bieten und dass sie keine Eigenschaften besitzen, die den Erfolg der Arbeit in Frage stellen können.

Einer nachherigen Mängelhaftung kann der Auftragnehmer nur entgehen, wenn er nachweist, dass der Mangel der Vorleistung nicht erkennbar war oder aber er auf diesen ordnungsgemäß hingewiesen hat.

Auch bei ausformulierten Leistungsverzeichnissen ist es dem Unternehmer also stets anzuraten zu prüfen, ob er den werkvertraglich geschuldeten Erfolg tatsächlich mit den ausgeschriebenen Materialien und der ausgeschriebenen Konstruktionsart bewerkstelligen kann. Falls dies nicht der Fall ist, muss er hierauf entweder im Rahmen einer Bedenkenanmeldung hinweisen oder aber unter Umständen sogar die Ausführung verweigern.