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Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.10.2016 – V ZR 91/16 – “Zur Nichtigkeit von Beschlüssen“
Im Teilungsvertrag einer Wohnungseigentümergemeinschaft wird den Eigentümern der Wohnungen Nr. 1 und 2 jeweils ein Sondernutzungsrecht an bestimmten Grundstücksflächen einschließlich der sich dort befindenden Terrassen zugewiesen. Der Teilungsvertrag regelt, dass die Instandhaltung des Sondereigentums dem jeweiligen Sondereigentümer obliegt.
Auf einer Versammlung vom 9. April 2015 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, dass es dem Eigentümer der Wohnung Nr. 1 gestattet ist, die auf seiner Sondernutzungsfläche vorhandene Terrasse zu vergrößern und die umliegenden Bereiche gärtnerisch zu gestalten. Die Kosten der Herstellung und der künftigen Instandhaltung sollte der Wohnungseigentümer tragen. Zudem wurde einstimmig beschlossen, dem Wohnungseigentümer Nr. 2 zu gestatten, eine zusätzliche Terrasse zu errichten, wobei die Kosten der Herstellung und der künftigen Instandhaltung dieser tragen sollte. Ein weiterer Beschluss sah vor, dass auf der Sondernutzungsfläche eine Abgrabung vorgenommen werden sollte und auch die Kosten der Herstellung und der künftigen Instandhaltung von den beiden Eigentümern zu tragen sind.
Ein Eigentümer erhebt Anfechtungsklage und will festgestellt haben, dass diese Beschlüsse nichtig sind. Während die beiden ersten Instanzen der Ansicht waren, dass die Beschlüsse nichtig sind, wies der Bundesgerichtshof die Klage ab. Eine Nichtigkeit der Beschlüsse ergibt sich nämlich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt. Denn die Sondernutzungsrechte sind weder hinsichtlich des räumlichen Zuschnitts noch hinsichtlich des Nutzungszweckes geändert worden.
Eine Nichtigkeit ergibt sich auch nicht aus einer Verletzung von § 22 Abs. 1 WEG. Danach können zwar bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung hinausgehen, nur beschlossen werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt. Aber eine etwaige fehlende Zustimmung würde nur zu einer Anfechtbarkeit, aber nicht Nichtigkeit eines etwaigen Beschlusses führen.
Auch können die Wohnungseigentümer beschließen, dass die Kosten der Herstellung der beabsichtigten baulichen Maßnahmen von den jeweils Sondernutzungsberechtigten zu tragen sind. Selbst, wenn die baulichen Maßnahmen von dem Zuweisungsgehalt des Sondernutzungsrechts nicht abgedeckt sein sollten, so sind die Beschlüsse dahingehend auszulegen, dass die Wohnungseigentümer eine Zustimmung zur Durchführung von baulichen Veränderungen unter der Verwahrung gegen die Kostenlast erklärt haben. Dies gilt jedenfalls für die Herstellungskosten.
Aber auch soweit die Beschlüsse sich auf die Folgekosten beziehen, so folgt hieraus keine Nichtigkeit. Denn auch hierbei handelt es sich um einen Beschluss, der deklaratorisch ist. Die Wohnungseigentümer können abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen nämlich vereinbaren, dass die Instandhaltung und Instandsetzung den jeweiligen Sondereigentümern obliegt. Im Teilungsvertrag ist dies vereinbart worden, weshalb ein etwaiger Beschluss nur deklaratorisch wirkt und demnach nur das wiedergibt, was zwischen den Parteien ohnehin vereinbart ist.