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BGH, Urteil vom 16.01.2019 – IV ZB 20/18 – “Zur Dauer der Ausschlagungsfrist


Der Erbe kann die Erbschaft grundsätzlich innerhalb von 6 Wochen ausschlagen. Die Frist beginnt dabei mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe vom Erbfall Kenntnis erlangt hat. Bei einer Verfügung von Todes wegen beginnt die Frist nicht vor deren Bekanntgabe durch das Nachlassgericht. Für Sachverhalte mit Auslandsberührung sieht § 1944 Abs. 3 BGB eine Verlängerung der Frist vor. Dies gilt zum einen, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte, zum anderen aber auch, wenn sich der Erbe bei Beginn der Frist im Ausland aufhält. Der BGH hat nunmehr mit Urteil vom 16.01.2019 (IV ZB 20/18) entschieden, dass dafür ein Tagesausflug von wenigen Stunden nicht ausreicht, wenn der Erbe planmäßig noch am selben Tag an seinen Wohnort im Inland zurückkehrt.

Der Fall wies dabei die Besonderheit auf, dass der Erbe minderjährig war. In diesem Fall kommt es nicht auf dessen Kenntnis sondern auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters (in der Regel also die Kenntnis der Eltern) an. Die Frist zur Ausschlagung beginnt in diesen Fällen erst mit dem Zeitpunkt, zu dem der letzte gesetzliche Vertreter erstmals Kenntnis von dem Erbfall erlangt hat. Im Streitfall war aber die Sechswochenfrist längstens abgelaufen und es war zu entscheiden, ob die Tatsache, dass sich die Eltern des minderjährigen Erben am Tag des Zugangs des Schreibens des Nachlassgerichts aufgrund eines Tagesausflugs im Dänemark befanden, dem entgegensteht. Dies ist nach zutreffender Begründung des BGH nicht der Fall. Ausreichend für einen Aufenthalt ist nach § 1944 Abs. 3 BGB zwar ein tatsächliches Verweilen an einem bestimmten Ort mit einer gewissen Verweildauer. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung geht es aber insbesondere darum, die Kommunikationsproblemen Rechnung zu tragen, die sich für den Erben ergeben, wenn er sich im Zeitpunkt des Fristbeginns im Ausland aufhält, er also die maßgeblichen Informationen über den Erbfall und dessen tatsächliche sowie rechtliche Auswirkungen nur unter besonderen Schwierigkeiten erlangen kann. Dass es zu solchen Schwierigkeiten aufgrund eines Tagesausflugs kommen kann, ist aber nicht ersichtlich, sodass für eine verlängerte Ausschlagungsfrist keine Rechtfertigung besteht.

Klargestellt ist damit, dass jedenfalls ein Tagesausflug nicht dazu führt, dass die Ausschlagungsfrist statt sechs Wochen sechs Monate beträgt. Offen ist aber, wie der Fall ausgegangen werden, wenn der Ausflug länger gedauert hätte, insbesondere also bei einer oder mehreren Übernachtungen im Ausland. Welche Verweildauer insoweit maßgeblich ist, lässt sich der BGH-Entscheidung leider nicht entnehmen, sodass aus Gründen der Sicherheit also in jedem Fall dann, wenn eine Ausschlagung in Betracht zu ziehen ist, diese innerhalb von sechs Wochen erfolgen sollte, wenn sich der Erbe nur kurzfristig im Ausland aufgehalten hat.