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OLG Hamm, Beschluss vom 22.01.2021 – 10 W 33/20 – “Zum Ausschluss des Erbrechts des Ehegatten“


Gemäß § 1931 BGB sind Ehegatte neben den sonstigen gesetzlichen Erben (insbesondere den Abkömmlingen des Erblassers) zu Erben berufen. Dieses gesetzliche Erbrecht des Ehegatten endet mit der Scheidung der Ehe. Für den Zeitraum eines Scheidungsverfahrens ist gemäß § 1933 BGB geregelt, dass das Ehegattenerbrecht auch schon vor der Scheidung ausgeschlossen ist, wenn die Voraussetzungen für eine Scheidung vorliegen und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hat. Mit einem solchen Fall hatte sich auch das OLG Hamm zu befassen (Beschluss vom 22.01.2021 – 10 W 33/20). Im dort zur Entscheidung vorliegenden Fall hatte der Erblasser die Scheidung im Jahr 2008 beantragt, danach wurde das Scheidungsverfahren aber nicht weitergeführt und zwar bis zum Tod des Erblassers im Jahr 2019.

Das OLG hat entschieden, dass dadurch das Erbrecht der Ehefrau nicht ausgeschlossen ist. Denn das Nicht-Betreiben eines Scheidungsverfahrens über einen längeren Zeitraum kann als Rücknahme des Scheidungsantrags zu behandeln sein. Maßgeblich insoweit sind aber jeweils die Umstände des Einzelfalls. Vorliegend ging das Gericht davon aus, dass der Erblasser seinen Scheidungswillen endgültig aufgegeben hatte, was schon der lange Zeitraum von 10 Jahren des Nicht-Betreibens nahelege. Hinzu kommt, dass die Eheleute nach einer im Jahr 2009 getroffenen außergerichtlichen Einigung über den Unterhalt und weiterer Modalitäten die Scheidung ihrer Ehe nicht mehr wollten. Denn die Eheleute hatten sich über die Vermögensauseinandersetzung und den Unterhalt geeinigt, wobei sie sich auch darüber einigten, dass das Scheidungsverfahren nicht weiter betrieben wird. Dem lag die Einsicht zugrunde, dass es für beide Parteien wirtschaftlich nicht von Vorteil ist, wenn der mit der Scheidung einhergehender Versorgungsausgleich nach neuem Recht durchgeführt würde. Durch diese Einigung und den langen Zeitraum war aus Sicht des OLG das Scheidungsverfahren dauerhaft beendet worden und die Ehefrau gesetzliche Erbin neben dem Bruder des Erblassers.

Gerade im Zeitraum nach einer Trennung sollten sich Ehegatten darüber Gedanken machen, ob sie gegebenenfalls Einfluss auf die Erbfolge nehmen wollen. Unabhängig von den gesetzlichen Regelungen können die Ehegatten ohne Weiteres durch Errichtung eines Testaments die gesetzliche Erbfolge ausschließen, indem z.B. der andere Ehegatte enterbt wird. Auch nach der Scheidung gibt es im Übrigen Konstellationen, in welchen der geschiedene Ehegatte noch an der Erbfolge beteiligt wird, insbesondere wenn gemeinsame Kinder nachversterben. Auch hier besteht gegebenenfalls Handlungsbedarf, wenn dies verhindert werden soll (sog. Geschiedenen-Testament).