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BGH, Urteil vom 25.02.2022 – V ZR 65/21 – “Zum Anspruch auf Abberufung des Verwalters


Ein Anspruch eines einzelnen Eigentümers auf Abberufung des Verwalters besteht nur dann, wenn die Ablehnung der Abberufung aus objektiver Sicht nicht vertretbar erscheint, wie der Bundesgerichtshof entschieden hat. Die Änderungen des Wohnungseigentumsgesetzes zum 01.12.2020 haben an diesem Anspruch nichts geändert. Nicht vertretbar bedeutet, wenn in der Gesamtschau allein die Abberufung dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht, führt der BGH in den Urteilsgründen aus. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls und alle gegen den Verwalter erhobenen Vorwürfe zu prüfen. Zu berücksichtigen ist im Rahmen der Prüfung des Kriteriums der Unvertretbarkeit zum einen, dass die Entscheidung der Mehrheit der Eigentümer respektiert werden muss und zum anderen aber auch der Schutz der Minderheit geboten ist. Bei dieser vorzunehmenden Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls können schwerwiegende Verstöße die Unvertretbarkeit der Abberufung eher naheliegen, während bei leichten Verfehlungen möglicherweise eher berücksichtigt werden kann, inwieweit in Zukunft eine Besserung zu erwarten ist. Auch länger zurückliegende Geschehnisse können berücksichtigt werden. Denn ein neuer Vorfall kann einen alten in einem neuen Licht erscheinen lassen. Auch kann ein länger zurückliegender Vorfall im Rahmen einer Gesamtwürdigung mit weiteren späteren Vorfällen, „das Fass irgendwann zum Überlaufen bringen“, so der BGH. Die gleichen Grundsätze gelten auch bei der Beantwortung der Frage, inwieweit die Kündigung des Verwaltervertrages verlangt werden kann.

Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes ab dem 01.12.2020 kann der Verwalter jederzeit abberufen werden, entgegenstehende Regelungen in der Gemeinschaftsordnung sind unwirksam geworden, so der BGH. Wird der Verwalter abberufen, endet der mit ihm geschlossenen Vertrag spätestens 6 Monate nach seiner Abberufung. Auch insoweit entgegenstehende Vereinbarungen im Verwaltervertrag sind unwirksam geworden, wie ebenfalls vom Bundesgerichtshof entschieden.

Der Bundesgerichtshof stellt damit klar, dass auch nach neuem Recht ein einzelner Eigentümer einen Anspruch auf Abberufung eines Verwalters haben kann und sich damit nicht immer der Mehrheitsentscheidung beugen muss. Allgemeingültige Maßstäbe, wann ein solcher Anspruch besteht, liefert der Bundesgerichtshof allerdings nicht. Es kommt wie so oft auf die Umstände des Einzelfalles an.