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BGH, Urteil vom 21.7.2011- IX ZR 120/10 – „Wohnungseigentümergemeinschaft darf auch in der Insolvenz des Wohnungseigentümers vollstrecken”


Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes am 1.7.2007 besteht im Zwangsversteigerungsverfahren nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG ein Vorrecht der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Gemeinschaft ist für die Zahlung von Hausgeldansprüchen aus dem Versteigerungserlös bis zu einem Betrag von 5 Prozent des Verkehrswerts vor den Grundpfandgläubigern bevorrechtigt. Einzelheiten insbesondere bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens eines Wohnungseigentümers sind umstritten. Am 21.7.2011 hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil diverse Streitigkeiten entschieden.

Demnach bleibt die Wohnungseigentümergemeinschaft auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögens eines ihrer Mitglieder im Sinne des § 49 InsO absonderungsberechtigt und kann für die vor der Insolvenzeröffnung fällig gewordenen Hausgeldansprüche entweder einem bereits laufenden Zwangsversteigerungsverfahren beitreten, um dort ihre Ansprüche glaubhaft zu machen oder sie kann den Insolvenzverwalter bzw. nach Freigabe den Insolvenzschuldner auf Duldung der Zwangsvollstreckung in Anspruch nehmen, um sich auf diese Weise einen Vollstreckungstitel zu verschaffen und auch während des Insolvenzverfahrens die Zwangsversteigerung zu betreiben. Das Vorrecht besteht für die laufenden Hausgeldansprüche sowie Rückstände der letzten beiden Jahre. Die Abgrenzung zwischen Rückständen und laufenden Beträgen bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Zu beachten ist, dass nur wegen Insolvenzforderungen Absonderungsrechte entstehen können. Dies bedeutet, dass für die nach Insolvenzverfahrenseröffnung fällig gewordenen Ansprüche das Vorrecht nicht gilt. Für diese Ansprüche haftet die Insolvenzmasse bzw. nach Freigabe durch den Insolvenzverwalter weiterhin der Insolvenzschuldner, wobei die Restschuldbefreiung diese Ansprüche nicht erfasst. Sie können daher auch nach der Restschuldbefreiung gegen den Insolvenzschuldner geltend gemacht werden. Dies erhöht den Erfolg einer Zwangsvollstreckung, da die Eigentümergemeinschaft wegen der erteilten Restschuldbefreiung nicht mit anderen Gläubigern konkurrieren muss. Von Bedeutung bleibt zudem der allgemeine Grundsatz, dass eine Zwangsversteigerung und damit ein Duldungstitel erst dann erlangt werden können, wenn der Rückstand 3 % des Einheitswerts übersteigt (§ 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG).

Der Bundesgerichtshof hat damit die Rechte der Wohnungseigentümergemeinschaft weiter gestärkt, indem er klargestellt hat, dass das Absonderungsrecht auch dann besteht, wenn bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens weder eine Titulierung der Ansprüche bestanden hat, noch das Grundstück beschlagnahmt worden ist.