Project Description

BGH, Urteil vom 18.01.2019 – V ZR 324/17 – “Wie ist über die Bestellung eines Verwalters abzustimmen?


Wenn mehrere Bewerber um das Amt des Verwalters zur Wahl gestellt werden, muss über jeden Kandidaten abgestimmt werden, wenn nicht ein Bewerber die absolute Mehrheit erreicht und die Wohnungseigentümer nur eine Ja-Stimme abgeben können. Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Gemäß § 6 Abs. 1 der Teilungserklärung bestimmt sich das Stimmrecht nach Miteigentumsanteilen. In der Versammlung vom 10.11.2016 sollte über die Bestellung eines Verwalters abgestimmt werden. Neben der bisherigen Verwalterin gab es drei weitere Bewerber. Zunächst wurde über den bisherigen Verwalter abgestimmt. Dieser bekam die (nicht absolute) Mehrheit der Stimmen. Der Versammlungsleiter stellte sodann fest, dass die bisherige Verwalterin wieder gewählt wurde. Über die weiteren Bewerber wurde nicht mehr abgestimmt. Dieser Beschluss wurde mit Erfolg angefochten.

Die Festlegung der Verfahrensweise bei Abstimmungen obliegt grundsätzlich dem Versammlungsleiter. Dieser kann nach pflichtgemäßem Ermessen den Abstimmungsmodus, insbesondere die Reihenfolge der Abstimmungsfragen festlegen. Auch kann er bestimmen, welches Wahlverfahren durchgeführt werden soll, wenn es mehrere Bewerber um ein Amt gibt. So sollte z. B. bestimmt werden, dass jeder Wohnungseigentümer nur eine Stimme hat. Möglich ist allerdings auch, dass die Wohnungseigentümer von ihrem Stimmrecht in jedem Wahlgang unabhängig vom früheren Stimmverhalten Gebrauch machen können. Daher war es nicht zu beanstanden, dass der Versammlungsleiter die Kandidaten beginnend mit der bisherigen Verwalterin nacheinander zur Abstimmung gestellt hat. Rechtsfehlerhaft war es aber, dass die Abstimmung nach dem ersten Wahlgang abgebrochen worden ist. Wenn wie vorliegend der Kandidat keine absolute Mehrheit erreicht und jeder Wohnungseigentümer nur eine Ja-Stimme hat, kann nämlich nicht festgestellt werden, ob die erforderliche Mehrheit erreicht ist. Zwar wurde vorliegend im ersten Wahlgang eine (einfache) Mehrheit erreicht, was für einen Beschluss grundsätzlich ausreichend ist. Wenn jedoch mehrere Bewerber zur Wahl stehen, ist die Abstimmung über jeden einzelnen Bewerber nur ein Teilakt eines als Einheit zu betrachteten Verfahrens. In aller Regel kann erst nach Durchführung aller Wahlgänge festgestellt werden, ob ein und welcher der Bewerber die erforderliche Mehrheit erreicht hat. Denn diejenigen Wohnungseigentümer, die beim ersten Bewerber mit „Nein“ gestimmt oder sich enthalten haben, haben noch die Möglichkeit, ihre Ja-Stimme für einen anderen Bewerber abzugeben. Dies erfordert die Durchführung der Abstimmung auch über die anderen Bewerber. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Bewerber die absolute Mehrheit erzielt hat, da weitere Wahlgänge an diesem Ergebnis nichts mehr ändern können.

Nachdem eine solche absolute Mehrheit vorliegend nicht erreicht worden ist, entsprach der Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung und musste für ungültig erklärt werden.