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OLG München, Beschluss vom 31.10.2019 – 31 Wx 398/17 – “Widerruf bei Unauffindbarkeit eines Ehegattentestaments?“


Das OLG München hatte sich mit Beschluss vom 31.10.2019 (31 Wx 398/17) mit der Frage zu befassen, ob die Nichtauffindbarkeit eines Ehegattentestaments darauf hindeutet, dass es durch die Erblasser vernichtet wurde und damit die gesetzliche Erbfolge greift oder der in dem Testament niedergelegte Wille maßgeblich ist.

In Fällen der Unauffindbarkeit eines Testaments stellt sich zunächst einmal die Frage, ob dieses überhaupt wirksam errichtet wurde. Bei einem privatschriftlichen Ehegattentestament setzt dies voraus, dass nachgewiesen werden kann, dass ein von einem der Ehegatten handgeschriebenes Testament angefertigt wurde, welches von beiden Ehegatten unterschrieben ist. Im Streitfall lag das Original-Testament nicht vor, sondern lediglich eine Fotokopie davon. Gleichwohl hatte das OLG keine Zweifel daran, dass das Testament tatsächlich von den Ehegatten formgerecht errichtet wurde. Zweifel an der Echtheit der Unterschriften gab es aus Sicht des Gerichts nicht, weswegen auch kein graphologisches Gutachten eingeholt werden musste.

Für das Gericht entscheidend war vielmehr die Frage, ob die Unauffindbarkeit darauf hindeutet, dass es von den Ehegatten in Widerrufsabsicht vernichtet wurde. Denn der Widerruf eines Testaments muss nicht durch eine schriftliche Erklärung erfolgen, vielmehr reicht es dafür aus, dass das Testament selbst vernichtet wird. Bei Ehegatten besteht die Möglichkeit, das Testament gemeinschaftlich in Widerrufsabsicht zu vernichten. Die bloße Tatsache der Unauffindbarkeit für sich allein sagt jedoch noch nichts aus und begründet auch keine tatsächliche Vermutung oder einen Erfahrungssatz, dass das Testament durch den Erblasser vernichtet wurde. Beweismittel, mit denen sich der Widerruf direkt beweisen ließ, waren nicht vorhanden. Es müsste dafür neben der Tatsache, dass das Testament vernichtet wurde und nicht nur schlicht verloren gegangen ist, beim Ehegattentestament zusätzlich auch nachgewiesen werden, dass der Widerruf durch Vernichtung von beiden Ehegatten gewollt war. Denn die Vernichtung nur durch einen Ehegatten führt jedenfalls bei Wechselbezüglichkeit der Verfügungen, die vorliegend gegeben war, nicht dazu, dass das Testament als widerrufen gilt.

Da ein Widerruf, getragen durch einen gemeinschaftlichen Willen der Ehegatten, durch das OLG nicht feststellbar war, richtet sich die Erbfolge nicht nach dem Gesetz, sondern nach dem von den Ehegatten im Testament geäußerten Willen. Die bloße Vernichtung eines Testaments ist, wie der Fall zeigt, die denkbar schlechteste Variante, weil sich dann später nicht mehr nachvollziehen lässt, ob das Testament nur nicht auffindbar ist oder der Erblasser es widerrufen wollte. Entsprechende Probleme hätten die Ehegatten vermeiden können, wenn das Testament bei einem Notar beurkundet oder das handgeschriebene Testament zumindest beim Nachlassgericht hinterlegt worden wäre, da in beiden Fällen dann das Testament automatisch eröffnet worden wäre. Ein Widerruf, sollte ein solcher beabsichtigt worden sein, hätte dann ebenfalls dokumentiert werden können, weil die Rücknahme des Testaments aus der amtlichen Verwahrung ebenfalls als Widerruf gilt.