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OLG Schleswig, Beschluss vom 05.02.2024 – 12 U 69/23 – „Wertsicherungsklausel“


Mit Beschluss vom 05.02.2024 – 12 U 69/23 – diskutierte das OLG Schleswig die Wirksamkeit einer Wertsicherungsklausel in einem Gewerbemietvertrag. Untersucht wurde, ob die Indexklausel gegen Vorschriften des Preisklauselgesetzes verstößt und einer AGB-Kontrolle standhält. Hierbei war auch in den Blick zu nehmen, dass nach § 8 Preisklauselgesetz die Unwirksamkeit einer Indexklausel erst zum Zeitpunkt der rechtskräftig festgestellten Unzulässigkeit der Klausel eintritt. Bis dahin ist sie wirksam.

Die streitgegenständliche Wertsicherungsklausel lautete:

„Die Miete beträgt monatlich netto Euro 2.400,00. Die Parteien vereinbaren eine Anpassung des Mietzinses nach Ablauf eines Vertragsjahres an den Verbraucherpreisindex (VPI); steigt oder fällt dieser, kann die jeweils berechtigte Partei schriftlich entsprechende Mietzinserhöhungen oder Senkungen verlangen.“

Der Vermieter klagt auf Zahlung der aufgrund der Indexklausel erhöhten Miete und bekommt Recht. Wie bereits das Landgericht ist auch das OLG Schleswig der Auffassung, dass die Indexklausel wirksam ist. Unabhängig davon war die Klage schon deshalb begründet, weil nach § 8 Preisklauselgesetz die Unwirksamkeit einer Indexklausel erst zum Zeitpunkt der rechtskräftig festgestellten Unzulässigkeit der Klausel eintritt. Bis dahin ist die Klausel wirksam und die aufgrund der Klausel eingetretene Mieterhöhung zu bezahlen.

Die Indexklausel ist gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, dass die Miete jeweils nach Ablauf eines Jahres entsprechend der Änderung des Verbraucherpreisindex angepasst – also entweder erhöht oder gesenkt – werden soll. Dabei soll die Anpassung nicht automatisch, sondern nur auf Anforderung der jeweils berechtigten Partei erfolgen. Der Mieter hatte erfolglos eingewandt, dass nur im ersten Jahr der Vertragslaufzeit eine Anpassung der Miete ausgeschlossen ist, für die folgende Zeit sei allerdings unter Verstoß gegen § 557b Abs. 2 BGB nicht geregelt worden, dass die Miete mindestens ein Jahr unverändert geblieben sein müsse. Hierbei verkannte der Mieter allerdings, dass § 557b Abs. 2 BGB nur im Wohnraummietrecht gilt, für das hier vorliegende Gewerbemietraumverhältnis also keine Rolle spielt. Unabhängig davon ist die mietvertragliche Regelung gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, dass eine wiederkehrende Anpassung nach jeweils einem Jahr zulässig ist. Keinen Erfolg hat der Mieter auch mit dem Argument, es fehle in der Klausel an der Angabe des Veränderungsmaßstabs. Vielmehr lässt die Klausel hinreichend deutlich erkennen, dass die Anpassung jeweils nach Ablauf eines Jahres „entsprechend“ der Veränderung des Verbraucherpreisindex erfolge, mithin an die prozentuale Veränderung des Verbraucherpreisindex geknüpft ist. Die Klausel ist so auszulegen, dass jede prozentuale Veränderung des Verbraucherpreisindex jeweils nach Ablauf eines Jahres zu einer „entsprechenden“, d.h. gleichen prozentualen Veränderung (Erhöhung oder Senkung) der Miete führt. Soweit der Mieter meinte, es fehle insbesondere die Angabe, ob sich die Miete im gleichen prozentualen Maßstab verändere oder in einem anderen Verhältnis, folgt ihm das Oberlandesgericht ebenfalls nicht und führt aus, dies sei keine sinnvolle Auslegung des Begriffs „entsprechend“. Nicht gefolgt ist das Oberlandesgericht dem Einwand des Mieters, die Klausel sei deshalb zu beanstanden, weil sie keinen Ausgangswert enthalte, von dem aus sich der Basiswert für eine Erhöhung der Miete ermitteln lasse. Hierbei wird verkannt, dass der Bundesgerichtshof im Urteil vom 26.05.2021 – VIII ZR 42/20 – feststellte, dass es einer Angabe des Basisjahres zur Berechnung der Mietanhebung jedenfalls bei einer Indexmietvereinbarung, bei welcher die Mietentwicklung an die prozentuale Änderung des Verbraucherpreisindex geknüpft sei, nicht bedürfe. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist bei einer Prozent-Indexklausel die Festlegung eines Basisjahres im Mietvertrag für die (spätere) Berechnung der Mietanhebung, anders als bei einer sogenannten Punkteklausel (von der aus anderen Gründen dringend abzuraten ist), bei welcher maßgebend ist, ob die Indexentwicklung einen bestimmten Punktwert erreicht, unerheblich. Denn die Vereinbarung der Parteien hinsichtlich der Geltung einer Indexmiete geht dahin, mit der Prozentklausel nicht den Verbraucherpreisindex nach einem fixen Basisjahr in Bezug zu nehmen, sondern den Index nach dem jeweils gültigen Basisjahr. Damit ist für den Mieter auch ohne ausdrückliche Angabe des Basisjahres erkennbar, wie die Mieterhöhung im Einzelfall zu berechnen ist. Vorliegend ist der im Zeitpunkt des Zugangs der Erhöhungserklärung veröffentlichte Verbraucherpreisindex maßgebend. Aus diesem werden die zur Berechnung maßgebenden Indexpunkte entnommen und die prozentuale Mietsteigerung errechnet. Ebenfalls unbegründet war der Einwand des Mieters, aus der Klausel selbst lasse sich nicht entnehmen, welches der Ausgangswert einer Indexberechnung sei. Vielmehr kann durch Auslegung ermittelt werden, dass das „richtige“ Datum für die Berechnung einer möglichen ersten Mietanpassung nach Ablauf eines Vertragsjahres der Beginn des Mietverhältnisses ist, ohne dass es einer weiteren ausdrücklichen Bestimmung bedurfte. Weitere Mietanpassungen dürfen dann frühestens nach Ablauf eines weiteren Jahres erfolgen können. Somit liegt keine Unwirksamkeit der Indexklausel vor. Aber selbst wenn man dies anders sehen und einen Verstoß gegen das Preisklauselgesetz bejahen wollte, würde dies weder zur Unwirksamkeit der Indexklausel noch der darauf gestützten streitgegenständlichen Mietanpassungen führen, denn nach § 8 Preisklauselgesetz tritt die Unwirksamkeit einer Indexklausel erst zum Zeitpunkt der rechtskräftig festgestellten Unzulässigkeit der Klausel ein, d.h., dass sowohl Vermieter als auch Mieter die Klausel trotz Unzulässigkeit bzw. Verbots so lange anwenden können, bis ein rechtskräftiges Urteil die Unzulässigkeit der Klausel bestätigt. Bis dahin ist sie wirksam. Mangels rechtskräftiger Feststellung ihrer Unwirksamkeit musste somit das Oberlandesgericht von der Wirksamkeit der Indexklausel nach dem Preisklauselgesetz ausgehen.

Die Wertsicherungsklausel war auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam. Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht klar und verständlich ist. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot scheidet schon deswegen aus, weil kein Verstoß gegen Vorschriften des Preisklauselgesetzes vorliegt. Darüber hinaus weist das Oberlandesgericht auf den interessanten rechtlichen Gesichtspunkt hin, dass eine Unwirksamkeit der Indexklausel wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch daran scheitern dürfte, dass ein Verstoß gegen § 307 BGB dann nicht angenommen wird, wenn schon ein Verstoß gegen das Preisklauselgesetz gegeben ist. Der Grund dafür liegt darin, dass die Regelung des § 8 Preisklauselgesetz nicht ausgehebelt werden soll. Würde man nämlich einen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB annehmen, wenn gleichzeitig ein Verstoß gegen das Preisklauselgesetz gegeben ist, würde dies nach der gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolge des AGB-Rechts eine rückwirkende Unwirksamkeit der Indexklausel von Anfang an (also ex tunc) nach sich ziehen, was zu einem Wertungswiderspruch gegen § 8 Preisklauselgesetz führen würde. Insoweit hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 14.05.2014 – VIII ZR 114/13 – ausgeführt:

„Eine unangemessene Benachteiligung, die nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB zur Unwirksamkeit einer solchen Klausel von Anfang an (ex tunc) führt, kann aus den Bestimmungen und Wertungen des Preisklauselgesetzes nicht hergeleitet werden, weil das Preisklauselgesetz eine gegen § 1 Abs. 1 Preisklauselgesetz verstoßende Klausel zunächst weiterhin als wirksam behandelt und erst nach rechtskräftiger Feststellung des Verstoßes für die Zukunft (ex nunc) unwirksam werden lässt (§ 8 Preisklauselgesetz). Wenn aber eine gegen das Preisklauselgesetz verstoßende Klausel erst nach rechtskräftiger Feststellung des Verstoßes und dann auch nur ex nunc unwirksam sein soll, kann eine solche Klausel vor rechtskräftiger Feststellung des Verstoßes erst recht nicht gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB rückwirkend (ex tunc) unwirksam sein.“