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Oberlandesgericht München, Urteil vom 22.05.2019 – 7 U 2782/18

BGH, Beschluss vom 10.11.2021 – VII ZR 143/19

– “Wer zum Termin entsendet wird, wird als bevollmächtigt angesehen“


Das Oberlandesgericht München hat, bestätigt im Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof, eine gerade in Bauangelegenheiten immer wieder vorkommende Konstellation wie folgt entschieden:

Die Parteien des Vertrages hatten in ihren Vertragsbestimmungen eine bestimmte Art der Inbetriebnahme vorgesehen, an die Inbetriebnahme waren dann auch bestimmte Rechtsfolgen (Fälligkeit einer Zahlung) geknüpft. Die Auftraggeberin entsandte den nach dem Vertrag für die technischen Fragen zuständigen Mitarbeiter zu dem im Vorfeld als Inbetriebnahmetermin definierten Termin, dieser unterschrieb das Inbetriebnahmeprotokoll.

Im Nachhinein berief sich die Beklagte darauf, der Mitarbeiter habe keine Vertretungsmacht zur Unterzeichnung eines Inbetriebnahmeprotokolls gehabt. Dieser Argumentation folgt das Oberlandesgericht indes nicht und verweist darauf, dass beide Parteien davon ausgegangen sind, dass die Inbetriebnahme im fraglichen Zeitraum, 08. bis 10.04.2014 erfolgen sollte. Wenn die Beklagte, so dass Oberlandesgericht, vor diesem Hintergrund den Techniker zu diesem Termin entsendet, konnte die Klägerin nach Treu und Glauben dies nur dahin verstehen, dass dieser Techniker dann zu allen mit der Inbetriebnahme zusammenhängenden Rechtshandlungen bevollmächtigt war und sein sollte.

Der Einwand der Beklagten, es sei bekannt gewesen, dass der Techniker nur für die technische Seite des Projekts zuständig gewesen sei und keine vertraglichen Erklärungen abgeben dürfe, greift nicht. Das Oberlandesgericht weist vollkommen zurecht darauf hin, dass die Inbetriebnahme ein rein technischer Vorgang ist und es deswegen gerade zwingend ist, dass ein Techniker hierzu erscheint. Dass ein in seiner Anwesenheit erstelltes Protokoll dann im Nachhinein von einer nicht bei der Inbetriebnahme anwesenden nicht technisch kundigen Person unterschrieben werden soll, sei nicht nachvollziehbar.

Das Oberlandesgericht München stellt in dieser Entscheidung eine für Bauherrn und Bauunternehmer relevante und wichtige Konstellation dar. Wenn man einen nicht organschaftlichen bevollmächtigten Mitarbeiter zu einem Termin, bei dem eine Abnahme o. ä. erfolgen soll, entsendet, dann muss man sich auch so behandeln lassen, als sei dieser Mitarbeiter für die in diesem Termin zu erwartenden Erklärungen bevollmächtigt.