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BGH, Urteil vom 1.4.2011 – V ZR 162/10 – „Weiter Gestaltungsspielraum der Wohnungseigentümer ”


Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes 2007 steht den Wohnungseigentümern die Möglichkeit offen, durch Stimmenmehrheit zu beschließen, dass die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums abweichend von der gesetzlichen Grundregel (Umlage nach Miteigentumsanteilen) verteilt werden. Der Bundesgerichtshof hat nunmehr entschieden, dass den Wohnungseigentümern bei der Änderung des Umlageschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG aufgrund des Selbstorganisationsrechts ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt ist. Der neue Umlageschlüssel hat lediglich den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu genügen. Dies bedeutet, dass die Wohnungseigentümer jeden Maßstab wählen können, der den Interessen der Gemeinschaft und dem einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung einzelner führt. Bei der Auswahl sind keine zu strengen Anforderungen zu stellen, da jede Änderung eines Verteilungsmaßstabs die Kosten zu Lasten eines anderen Eigentümers verschiebt. Nicht beanstandet wurde, dass die Kosten für Schornsteinfeger/ Emissionsmessung, Reinigung der Garage und Gehwege, Betriebskosten Tiefgarage, Kabelfernsehen und Verwaltungskosten, nicht mehr nach Miteigentumsanteilen sondern nach Einheiten umgelegt werden. Der Bundesgerichtshof stärkt daher das Selbstorganisationsrecht der Gemeinschaft und schränkt den Kontrollmaßstab der Gerichte zu Lasten der Minderheiten ein. Nicht jede Entscheidung der Mehrheit ist damit angreifbar, nur weil sie sich zu Lasten einiger Eigentümer auswirkt.