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Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.01.2020 – V ZR 295/16 – “WEG kann nicht alles an sich ziehen


Bei vielen Arbeitgebern wird immer noch und immer wieder zu viel Entgeltfortzahlung geleistet, da die Grundsätze insbesondere zur Einheit des Verhinderungsfalls nicht bekannt sind. Dieser rechtliche Sachverhalt war auch Gegenstand einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 11.12.2019 und gibt Anlass, die Arbeitgeber auf Folgendes hinzuweisen:

Nach dem Grundsatz der Einheit des Versicherungsfalls ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit auf die Dauer von 6 Wochen begrenzt, auch wenn während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit

Die Klägerin, der eine Eigentumswohnung gehört, nimmt die Beklagte als Eigentümerin einer weiteren Wohnung auf Unterlassung von Geruchs- und Lärmbelästigungen sowie Unterlassung der Nutzung der Wohnung als Pensionsbetrieb in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, da die Wohnungseigentümergemeinschaft die Ansprüche in einem Beschluss vom November 2015 an sich gezogen habe und daher nur noch von der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend gemacht werden könnten. Auch in der Berufungsinstanz hatte die Klägerin keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof ist im Hinblick auf das Begehren der Unterlassung von Geruchs- und Lärmbelästigungen anderer Ansicht und gibt der klagenden Eigentümerin Recht. Denn die Klägerin wendet sich mit den Ansprüchen auf Unterlassung der Geruchs- und Lärmbelästigungen gegen unmittelbare Beeinträchtigung ihres Sondereigentums. Solche, den räumlichen Bereich des Sondereigentums betreffenden Ansprüche kann die Gemeinschaft nicht durch Beschluss an sich ziehen. Ein solcher Beschluss ist mangels Beschlusskompetenz nichtig, sodass die Klägerin bezüglich Verfolgung dieser Ansprüche prozessführungsbefugt geblieben ist und ihre Klage zulässig war. Dagegen war die Klage bezüglich der Unterlassung der Nutzung der Wohnung als Pensionsbetrieb unzulässig, da die Vergemeinschaftung der Verfolgung dieser Unterlassungsansprüche die Prozessführungsbefugnis der Klägerin entzogen hat. Die Vergemeinschaftung solcher Ansprüche ist nämlich zulässig. Die hierfür notwendige Voraussetzung, dass die Rechtsausübung durch den Verband dem Gemeinschaftsinteresse förderlich ist, liegt vor. Der Unterlassungsanspruch ist darauf gerichtet, die in der Gemeinschaftsordnung enthaltene Zweckbestimmung durchzusetzen und damit dieser Geltung zu verschaffen. Hierfür ist ein einheitliches Vorgehen im Gemeinschaftsinteresse förderlich, so der Bundesgerichtshof.

Im Ergebnis muss die Gemeinschaft im einzelnen prüfen, ob für das Ansichziehen von Ansprüchen die Beschlusskompetenz besteht. Das ist bei Unterlassungsansprüchen, die lediglich bei der Abwehr von Störungen im räumlichen Bereich des Sondereigentums bestehen, nicht der Fall.