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 Wann muss der Unternehmer mit der Ausführung der Arbeiten beginnen?


Insbesondere in Zeiten, in denen die Handwerker durch die immer noch währende Hochkonjunktur am Bau sehr ausgelastet sind, kommt es immer wieder zu Verschiebungen beim Baubeginn. Die Rechtsprechung hat sich in den letzten Jahren hiermit immer wieder befasst, Gegenstand dieses Hinweises sollen drei Entscheidungen sein:

1. Unwirksame Vereinbarung über die Lieferzeit

Das Oberlandesgericht Nürnberg hatte folgenden Fall zu entscheiden:

Der Auftragnehmer hat in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt, dass er erst nach „vollständiger Klärung aller technischen Einzelheiten“ zur Leistung verpflichtet ist. Diese Klausel hält das Oberlandesgericht für unwirksam und in der Folge stellte sich die Frage, wann dann zu leisten war. Das Oberlandesgericht hat diese Frage einfach (und zutreffend) anhand des Gesetzes beantwortet, dort, konkret in § 271 BGB ist nämlich geregelt, dass wenn keine Leistungszeit bestimmt ist (und das gilt auch dann, wenn eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelte Leistungszeit unwirksam vereinbart ist), der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken kann. Dies bedeutet also, dass in Bauverträgen, in denen keine Leistungszeit geregelt ist, der Auftraggeber fordern kann, dass die Arbeiten alsbald nach Vertragsschluss begonnen und innerhalb angemessener Frist fertiggestellt werden.

Oberlandesgericht Nürnberg, Beschluss vom 22.03.2017-13 U 608/16

2. Verzug mit dem Beginn der Arbeiten

Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte in einer Entscheidung folgenden Sachverhalt zu beurteilen:

Am 09.06.2015 vereinbaren die Parteien, dass der Auftragnehmer mit dem Innenausbau eines Ladenlokals beauftragt wird, der am 29.06.2015 beginnen soll. Dieser Beginntermin ist auch in einer Auftragsbestätigung des Auftraggebers vom 24.06.2015 enthalten, in der der Auftraggeber zusätzlich darauf hinweist, dass die Einhaltung des Beginntermins von besonderer Bedeutung ist, da Mietverträge für das Objekt abgeschlossen sind und die Arbeiten pünktlich begonnen werden müssen. Ohne Nachfrist zu setzen tritt der Auftraggeber am 30.06.2015 vom Vertrag zurück und verlangt die Rückerstattung der geleisteten Anzahlung.

Die Klage hat Erfolg, da der Auftraggeber vom Vertrag zurücktreten konnte, da der Auftragnehmer eine fällige Leistung nicht erbracht hatte. Es griff im vorliegenden Fall die Ausnahmeregelung des § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wonach ein Rücktritt auch ohne Fristsetzung erfolgen kann, wenn der Schuldner (Auftragnehmer) die Leistungen zu einem im Vertrag bestimmten Termin nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder aufgrund anderer den Vertragsschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat die Auftragsbestätigung vom 24.06.2015, obwohl sie erst nach mehr als zwei Wochen nach der Beauftragung versandt wurde, noch als kaufmännisches Bestätigungsschreiben angesehen und damit auch die besondere Dringlichkeit und Wichtigkeit des Beginns der Arbeiten am 29.06.2015 als vereinbart angesehen hat.

Ein solches kaufmännisches Bestätigungsschreiben (Auftragsbestätigung) sollte, um die Beweiswirkung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens zu erzeugen, allerdings in aller Regel deutlich schneller (5 Tage bis 8 Tage) nach dem mündlichen Vertragsschluss erfolgen. Will die Gegenpartei den Inhalt einer Auftragsbestätigung nicht gelten lassen, muss sie dieser innerhalb ein bis 3 Tagen widersprechen, um auf der sicheren Seite zu sein.

Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 16.08.2017-29 U 271/16

3. Kündigung wegen Verzugs mit Beginn der Ausführungen

Auch das Oberlandesgericht Köln hat sich in einer Entscheidung, die vom Bundesgerichtshof bestätigt wurde, mit dem nicht pünktlichen Beginn von Arbeiten an einer Baustelle auseinanderzusetzen gehabt. Der Entscheidung lag Folgendes zugrunde:

Der Auftraggeber beauftragte den Auftragnehmer mit Parkettarbeiten, vertraglich vereinbarter Ausführungsbeginn war der 19.11.2012. In einem Telefonat am 22.11.2012, nachdem die Arbeiten noch nicht begonnen worden waren, weigerte sich der Auftragnehmer mit den Arbeiten zu beginnen. Der Auftraggeber forderte ihn mit Telefax vom 22.11.2012 auf, die Arbeit spätestens am 23.11.2012 zu beginnen, am 23.11.2012 um 17:55 Uhr kündigte der Auftraggeber den Bauvertrag, nachdem auf der Baustelle nichts passiert war.

Der Auftraggeber obsiegt in allen drei Instanzen. Auch der Umstand, dass er noch an dem Tag, bis zu dem der Auftragnehmer aufgrund der Nachfristsetzung die Arbeiten beginnen sollte (23.11.2012), gekündigt hat, ändert an der Berechtigung der Kündigung nichts, da die Kündigung nach dem üblichen Schluss von Bauarbeiten (17:55 Uhr) erklärt wurde.

Auch hier war es so, dass der Auftragnehmer die vertragliche Frist nicht eingehalten hat und damit bereits ab 20.11.2012 im Verzug war.

Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 16.10.2014 – 11 U 47/14; BGH, Beschluss vom 21.06.2017 2017 – VII ZR 218/14

Ganz generell gilt aber, dass bevor ein Bauvertrag/Werkvertrag gekündigt wird, eine rechtliche Prüfung, ob die Kündigung aus wichtigem Grund möglich ist, erfolgen sollte. Das Haftungsrisiko bei einer freien Kündigung (ohne wichtigen Grund) ist sehr erheblich.