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Kammergericht Berlin, Beschluss vom 09.11.2017 – 8 U 105/17 – “Wahrung der Schriftform durch eine weitere Nachtragsvereinbarung


Wird ein Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er auf unbestimmte Zeit und er ist unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist, jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung der Mietsache kündbar (§ 550 BGB). Sehr häufig unterlaufen Schriftformmängel bei Abschluss eines Mietvertragsnachtrags. Auch der Nachtrag muss die gesetzliche Schriftform einhalten. Geschieht dies nicht, wird das gesamte Vertragsverhältnis infiziert und kann ordentlich gekündigt werden. Die Nachtragsurkunde muss auf den ursprünglichen Vertrag Bezug nehmen und ausdrücken, es solle im Übrigen bei dem verbleiben, was vereinbart war. Hierbei ist heftig umstritten, ob es erforderlich ist, im Mietvertrag expressis verbis auf konkret zu bezeichnende, vorangegangene Nachträge zu verweisen oder ob es genügt, wenn eine weitere Nachtragsvereinbarung auf die Regelungen des Vertrags „und seiner Ergänzungen“ verweist.

Verführerische nahe liegt die Annahme, bei sorgfältiger Vertragsgestaltung solle man es nicht auf die Streitfrage ankommen lassen, sondern gleichsam den sicheren Weg wählen und alle vorangegangenen Nachträge datumsmäßig benennen. Bei näherem Hinsehen erweist sich auch dies nicht als Königsweg, denn häufig wird übersehen, dass im Verlaufe eines oft langen Mietverhältnisses Nachtragsvereinbarungen geschlossen wurden, die übersehen werden und auf die dann nicht Bezug genommen wird. Wird etwa in einem Rechtsstreit über Nebenkostenabrechnungen ein gerichtlicher Vergleich geschlossen und hinsichtlich der strittigen Nebenkostenregelungen eine Vereinbarung für die restliche Vertragslaufzeit getroffen, dann ist auch dies ein Mietvertragsnachtrag. Unterbleibt es dann bei einem weiteren Nachtrag, in dem expressis verbis auf vorangegangene Nachtragsvereinbarungen Bezug genommen wird, auch diesen Mietvertragsnachtrag in Form eines gerichtlichen Vergleichs zu nennen, dann liegt ein Schriftformmangel vor. Diese Problematik wäre dann gelöst, wenn es zulässig wäre, einfach pauschal in einer Nachtragsvereinbarung auf den Mietvertrag und seine Ergänzungen Bezug zu nehmen.

Das Kammergericht Berlin hat nun in einem Beschluss vom 09.11.2017 – 8 U 105/17 – entschieden, dass eine Vertragsergänzung zum Mietvertrag der Schriftform gemäß § 550 BGB genügt, wenn sie ausdrücklich klarstellt, dass es, soweit darin nicht ergänzende Regelungen getroffen wurden, beim bisherigen Inhalt des Mietvertrags und seiner Ergänzungen bleibt. Dem Schutzbedürfnis eines späteren Grundstückserwerbers sei durch den Verweis auf Ergänzungen des Vertrages ausreichend Rechnung getragen. Ihm sei zuzumuten, sich gegebenenfalls beim Verkäufer oder beim Mieter zu erkundigen.

Mit Urteil vom 22.04.2015 – XII ZR 55/14 – hatte der Bundesgerichtshof dargelegt, dass es bei einer als „2. Nachtrag zum Mietvertrag“ bezeichneten Vereinbarung der Angabe des Datums der ersten Vertragsergänzung nicht bedarf, weil sich aus der Bezeichnung als „2. Nachtrag zum Mietvertrag“ hinreichend ergibt, dass es einen ersten Nachtrag geben muss. Das Kammergericht Berlin meint nun, es mache keinen maßgeblichen Unterschied zu dem vom Bundesgerichtshof beurteilten Sachverhalt, wenn eine Vertragsergänzung nicht angibt, wie viele Ergänzungen vorangegangen sind. Einem Erwerber sei zumutbar, seine Erkundigungen hierauf zu erstrecken.

Vorsicht ist aber geboten. Es ist keinesfalls sicher, dass der Bundesgerichtshof, sobald ihm ein geeigneter Fall zur Entscheidung vorliegt, die Rechtsauffassung des Kammergerichts teilt.