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OLG Rostock, Beschluss vom 12.07.2018 – 3 U 23/18 – “Wahrung der Schriftform bei Verwendung eines Betriebsstempels


Die Parteien eines gewerblichen Mietvertrags streiten vor dem Oberlandesgericht Rostock um die Frage, ob das Mietverhältnis wegen Nichteinhaltung des Schriftformerfordernisses gemäß § 550 BGB aufgrund einer aus Sicht des Vermieters unzureichenden Unterzeichnung der Mietvertragsurkunde ordentlich kündbar war. Mieter ist ein wirtschaftlicher Verein. Im Rubrum des Mietvertrags werden die drei Vertretungsberechtigten des Vereins aufgezählt. Es haben aber nur zwei Vertretungsberechtigte den Mietvertrag unterschrieben. Allerdings wurde neben den Unterschriften der zwei Vertretungsberechtigten ein Betriebstempel aufgebracht. Dies genügt nach Auffassung des Oberlandesgerichts Rostock zur Wahrung der Schriftform.

Die gesetzliche Schriftform fordert grundsätzlich, dass eine Urkunde von allen Beteiligten eigenhändig unterschrieben ist. Hieraus hat der Bundesgerichtshof abgeleitet, dass bei einer Personenmehrheit alle an dieser beteiligten Personen den Vertrag unterzeichnen müssen. Will hiervon abweichend eine der Personen eine oder mehrere andere Personen, die ebenfalls den Vertrag unterzeichnen müssen, vertreten, müsse dies durch einen Vertretungszusatz kenntlich gemacht werden, der erkennen lässt, dass der Vertreter eine entsprechende Vertretungsmacht für sich in Anspruch nehmen will und nicht der Fall vorliege, dass noch eine Unterschrift unter dem Vertrag fehle, dieser also unvollständig sei (BGH NJW 2002, 3389 für die Erbengemeinschaft und OLG Köln ZMR 2015, 446 für die Grundeigentümergemeinschaft). Ebenso verhält es sich bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die nach dem Grundgedanken des Gesetzes von ihren Gesellschaftern gemeinschaftlich vertreten wird (BGH NJW 2004, 1103). Auch für die Aktiengesellschaft hat der BGH aufgrund der in § 78 Abs. 2 AktG geregelten Gesamtvertretungsbefugnis die Unterschriften aller Vorstandsmitglieder oder für den Fall, dass ein oder mehrere Vorstandsmitglieder den Vertrag nicht unterzeichnen, wiederum einen die Vertretung deutlich machenden Zusatz gefordert (BGH NJW 2010, 1453). In jenem Fall war im Rubrum einer Zusatzvereinbarung angegeben worden, dass die Aktiengesellschaft durch zwei namentlich benannte Vorstandsmitglieder vertreten werde. Die Vereinbarung unterzeichnet hatte hingegen nur eine der beiden, ohne einen Vertretungszusatz hinzu zu setzen. Werde hingegen im Vertragsrubrum keine Angabe zu den Vertretungsverhältnissen einer Aktiengesellschaft gemacht, bedürfe es auch bei Unterzeichnung nur durch ein Vorstandsmitglied keines Vertretungszusatzes, da der Eindruck der Unvollständigkeit nicht entstehen könne (BGH NJW 2015, 2034). Ein solcher die Vertretung kennzeichnender Zusatz kann in der Verwendung des Kürzel „i.V.“ liegen (BGH NJW 2010, 1453). Ebenso kommt der Zusatz „i. A.“ in Betracht (OLG Brandenburg MDR 2011, 1032). Aufgrund der Bedeutung von Firmenstempel im Geschäftsverkehr genügt es aber auch, wenn der Unterschrift einer natürlichen Person ein Betriebsstempel beigedrückt wird, um deutlich zu machen, dass der Unterzeichnende die Vertretungsmacht für die Vertragspartei für sich in Anspruch nimmt und daher auch in Vertretung des nicht bezeichneten Vertretungsberechtigten den Vertrag unterzeichnet hat (BGH NZM 2013, 271; BGH NJW 2015, 2034). In Anwendung dieser insbesondere durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geprägten Grundsätze war nach Auffassung des Oberlandesgerichts Rostock im zu entscheidenden Fall die gesetzliche Schriftform gewahrt.

Im Rubrum des Mietvertrags heißt es zur Bezeichnung des Mieters:

„L. B. … , diese vertreten durch: Dr. W. C. (Geschäftsführer), M. J. (Geschäftsführer) und Dr. M. H. (Geschäftsführer)“.

Das Oberlandesgericht Rostock führt zunächst aus, dass dies erkennen lässt, wer Vertragspartner sein soll. Zusätzlich gibt die Formulierung wieder, dass der Mieter durch drei Geschäftsführer vertreten wird, obgleich es für die Schriftform nicht erforderlich ist, dass aus der Urkunde deutlich wird, woher der Vertreter seine Vertretungsmacht herleiten will. Zwar ist der Vertrag nur von den Herren C. und J. unterschrieben worden. Gleichwohl weist die vorgedruckte Unterschriftenleiste wiederum die drei im Vertragsrubrum angegebenen Herren mit dem Zusatz Geschäftsführer aus. Durch den beigedrückten Stempel des Mieters haben die Herren J. und C. jedoch zum Ausdruck gebracht, für den Mieter vertretungsbefugt zu sein und dabei Herrn H. vertreten zu wollen, weil durch den Stempelaufdruck der Eindruck vermittelt wird, dass der Vertragsschluss für vollendet zu erachten ist. Somit haben sie einen hinreichenden Vertretungszusatz beigefügt, denn der Eindruck einer Unvollständigkeit wird gerade durch das Anbringen des Firmenstempels vermieden. Darauf, ob ihnen die ausgewiesene Vertretungsmacht tatsächlich zustand, kommt es für die Wahrung der Schriftform nicht an (BGH NJW 2015, 2034).