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BGH, Urteil vom 29.01.2016 – V ZR 97/15 – “Vorsicht bei Aufrechnungen gegen Hausgeldforderungen der WEG-Gemeinschaft


Gegen die Beklagten, Mitglieder der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft, besteht eine monatliche Hausgeldforderung einschließlich Instandhaltungsrücklage von EUR 258,63. Die Beklagten haben zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen eine Einzugsermächtigung zulasten ihres Kontos erteilt, wobei eine Verpflichtung der Hausverwaltung, die Hausgelder auf diese Art und Weise einzuziehen, sich weder aus der Teilungserklärung, noch aufgrund eines Beschlusses ergibt. Die Beklagten rechnen gegen eine Hausgeldforderung für den Monat Juli 2013 mit Gegenansprüchen auf, die sie aus einer angeblich falschen Jahresabrechnung für das Jahr 2012 ableiten wollen und erlauben für den Monat Juli 2013 lediglich die Abbuchung eines reduzierten Betrages von EUR 225,63. Die Hausverwaltung bucht einen über diesen Betrag hinausgehenden Hausgeldbetrag ab, woraufhin sich die Beklagten gegenüber der Hausverwaltung beschweren, dass dieser Abbuchungsvorgang nicht genehmigt sei und „der rechtswidrige Zugriff “ auf das Konto der Beklagten „den Charakter eines Diebstahls“ darstelle und dies ein Straftatbestand ist. Die Hausverwaltung teilte hierauf mit, von der Einzugsermächtigung ab September 2013 keinen Gebrauch mehr machen zu wollen. Ab diesem Zeitpunkt zog die Hausverwaltung keine Hausgelder mehr ein, die Beklagten nahmen auch keine Überweisungen vor. Mit der Klage fordert die Wohnungseigentümergemeinschaft einen Betrag von EUR 1.293,15 für die Monate September 2013 bis Januar 2014 nebst Rechtshängigkeitszinsen.

Der Bundesgerichtshof entscheidet zu Gunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft. Insbesondere ist den Beklagten verwehrt, darauf zu verweisen, von der Einzugsermächtigung Gebrauch zu machen und den geschuldeten Betrag von ihrem Konto einzuziehen. Die Klägerin hat die Lastschriftabrede wirksam gekündigt. Ein Recht des Gläubigers zur Kündigung der Lastschriftabrede steht dann außer Frage, wenn ein sachlicher Grund besteht und die berechtigten Interessen des Schuldners an dem Fortbestand der Lastschriftabrede den Interessen des Gläubigers, sich von der Lastschriftabrede zu lösen, nicht entgegenstehen. Ein Hausverwalter kann eine derartige Lastschriftabrede mit einem Wohnungseigentümer kündigen, wenn der Wohnungseigentümer an seiner Ansicht festhält, mit einer streitigen Forderung gegen eine Beitragsforderung der Wohnungseigentümergemeinschaft aufrechnen zu können und daraus weitere Konflikte drohen, was im vorliegenden Fall bejaht wurde. Aufgrund des Verhaltens der Beklagten entstanden nämlich Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des im Juli 2013 zu zahlenden Hausgeldes. Denn die Hausverwaltung war berechtigt und verpflichtet, das fällige Hausgeld sowie die Instandhaltungsrücklage in voller Höhe einzuziehen und musste eine entgegenstehende Weisung der Beklagten nicht beachten. Gegen Beitragsforderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft kann nämlich ein Wohnungseigentümer grundsätzlich nur mit Forderungen aufrechnen, die anerkannt oder rechtskräftig festgestellt sind. Diese Einschränkung ergibt sich aus der Natur der Schuld und dem Zweck der geschuldeten Leistung. Die im Wirtschaftsplan ausgewiesenen Vorschüsse sollen nämlich zur Verwaltung des Gemeinschaftseigentums in dem betreffenden Wirtschaftsjahr tatsächlich zur Verfügung stehen. Vorliegend haben sich die Beklagten auf den irrigen Standpunkt gestellt, aufrechnen zu können, so dass die Hausverwaltung mit Rücklastschriften rechnen musste. Sie musste darüber hinaus befürchten, dass auch künftig es zu Meinungsverschiedenheiten über Abbuchungen kommen werde, was für sie einen erheblichen Mehraufwand bedeuten würde und dem Zweck der Lastschriftabrede, eine Beschleunigung und Vereinfachung des Zahlungsverkehrs herbeizuführen, zuwiderläuft. Außerdem haben die Beklagten mit der Stellung einer Strafanzeige gedroht. Auch stehen die Interessen der Beklagten dem nicht entgegen, da die Hausverwaltung unmissverständlich mitgeteilt hat, von der Einzugsermächtigung keinen Gebrauch mehr zu machen, so dass den Beklagten ausreichend Gelegenheit gegeben wurde, künftig fällig werdende Beträge zu überweisen oder einen Dauerauftrag einzurichten.