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BGH, Beschluss vom 22.05.2024 – IV ZB 26/23 – „Voreheliche Erbeinsetzung bleibt trotz Scheidung wirksam!“
Der Bundesgerichtshof hatte sich mit Beschluss vom 22.05.2024 (IV ZB 26/23) mit der Frage zu befassen, wie sich eine Ehescheidung auf einen vor der Eheschließung geschlossenen Erbvertrag auswirkt. Errichten Ehegatten während der Ehe ein Testament sind die dort getroffenen Verfügungen bei Auflösung der Ehe gemäß § 2077 Abs. 1 BGB in der Regel unwirksam, wenn nicht anzunehmen ist, dass die Verfügung auch für den Fall der Scheidung gelten soll. Das Gleiche gilt für während der Ehezeit errichtete gemeinschaftliche Testamente (§ 2268 BGB) und Erbverträge (§ 2279 BGB). In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatten die Ehegatten aber nicht während der Ehe eine letztwillige Verfügung errichtet, sondern wurde vor der Eheschließung ein Erbvertrag geschlossen. Nach der Scheidung stellte sich nunmehr die Frage, ob die darin getroffene Verfügung zugunsten des überlebenden Ehegatten noch wirksam ist.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die nur für während der Ehe errichtete letztwillige Verfügungen geltende Regelung des § 2077 Abs. 1 BGB keine Geltung erlangt, wenn Erblasser und Bedachter zum Zeitpunkt der Errichtung nicht verheiratet oder verlobt waren und auch kein hinreichender Bezug der Verfügung zu einer späteren Eheschließung vorliegt. Gründe dafür, die Regelung entsprechend anzuwenden, sind aus Sicht des Bundesgerichtshofs nicht gegeben. Vielmehr würden nichteheliche Lebensgefährten eine rechtliche Bindung ihrer Beziehung bewusst unterlassen und verknüpften daher mit dem Ende ihrer Beziehung auch keine Rechtsfolgen.
Auch nach Errichtung eines Testaments oder Erbvertrags ist es sinnvoll zu prüfen, ob die dortigen Verfügungen noch dem aktuellen Willen entsprechen. Dies gilt nicht nur, aber insbesondere bei veränderter Lebenssituation, wie z.B. im Falle einer Ehescheidung. Zwar finden sich hierfür auch im Gesetz häufig Regelungen, z.B. § 2077 BGB. Wie der vorliegende Fall zeigt, regelt das Gesetz aber nicht sämtliche in Betracht kommenden Fälle und auch im Übrigen ist es immer besser, den eigenen Willen konkret zu äußern und z.B. ein bestehendes Testament aufzuheben, um einen späteren Streit über dessen Wirksamkeit/Auslegung zu verhindern.
Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs bleiben ungeklärte Konstellationen, z.B. der Fall, dass vor Eheschließung ein Erbvertrag errichtet wird, der einen Bezug zu einer späteren Eheschließung aufweist. Wie eine solche Konstellation entschieden wird, lässt sich nicht vorhersagen, auch aus diesem Grund besteht Anlass, selbst für die notwendige Klarheit zu sorgen z.B. durch eine entsprechende Regelung nach oder im Zusammenhang mit der Ehescheidung.