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Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 29.3.2022 – 3 U 118/20 – “Von SRF erstrittenes obergerichtliches Urteil zu Kosten für Instandhaltung, Instandsetzung und Wartung“


Mit einem von uns erstrittenen Urteil vom 29.3.2022 – 3 U 118/20 – hat das Brandenburgische Oberlandesgericht entschieden, dass Klauseln, die einem Mieter die anteiligen Kosten für Instandhaltung, Instandsetzung und Wartung von Gemeinschaftseinrichtungen und Allgemeinflächen überbürden, nur dann wirksam sind, wenn der Mieter durch eine Kostenobergrenze geschützt ist. Werden nur die Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung nach oben begrenzt, nicht aber die Wartungskosten, dann ist die Klausel insgesamt mit der Folge unwirksam, dass der Mieter keine Kosten für Instandhaltung, Instandsetzung und Wartung tragen muss.

Der Mietvertrag sieht vor, dass die Mieter die Kosten für Wartung, Instandhaltung und Instandsetzung von Gemeinschaftsanlagen und -einrichtungen tragen müssen. Die Kosten für Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen werden auf 10 % einer Nettojahresmiete zuzüglich Umsatzsteuer begrenzt. Das Brandenburgische Oberlandesgericht sieht diese Regelung insgesamt als unwirksam an. Die die Anrechenbarkeit der genannten Nebenkosten betreffenden Formularklauseln benachteiligen den Mieter unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Unter Kosten der Instandhaltung werden diejenigen Kosten verstanden, die zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Mietsache aufgewendet werden müssen, um die durch Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkung entstehenden baulichen und sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen. Bei den Instandsetzungskosten handelt es sich in der Regel um Kosten aus Reparatur und Wiederbeschaffung. Die Verpflichtung zur Instandhaltung und -setzung kann im Bereich der Gewerberaummiete formularmäßig auf den Mieter übertragen werden, soweit sie sich auf Schäden erstreckt, die dem Mietgebrauch oder der Risikosphäre des Mieters zuzuordnen sind. Die zulässige Abweichung vom gesetzlichen Leitbild findet aber dort ihre Grenze, wo dem Mieter die Erhaltungslast von gemeinsam anderen Mietern genutzten Flächen und Anlagen ohne Beschränkung der Höhe nach auferlegt wird. Damit werden dem Mieter Kosten übertragen, die nicht durch seinen Mietgebrauch veranlasst sind und nicht in seinen Risikobereich fallen. Ihm werden dadurch, dass er die gemeinschaftlich genutzten Flächen und Anlagen in dem bei Mietbeginn bestehenden, in der Regel gebrauchten Zustand vorfindet, die Kosten für die Behebung anfänglicher Mängel bzw. bereits vorhandener Abnutzungen durch Reparatur oder Erneuerung überbürdet, deren Höhe für ihn nicht überschaubar ist. Darüber hinaus werden ihm Kosten für Schäden auferlegt, die von Dritten verursacht worden sind, für deren Handeln er keine Verantwortung trägt, sodass auch insoweit ihm nicht zurechenbare und der Höhe nach nicht vorhersehbare Kosten auf ihn übertragen werden (BGH, Urteil vom 10.9.2014 – XII ZR 56/11). Diese Abweichungen vom gesetzlichen Leitbild des Mietvertrages benachteiligen den Mieter grundsätzlich unangemessen.

Die Übertragung der Erhaltungslast gemeinschaftlich genutzter Flächen und Anlagen ist allerdings ausnahmsweise dann wirksam, wenn sie in einem bestimmten zumutbaren Rahmen erfolgt, beispielsweise im Rahmen einer Kostenbegrenzung auf einen festen Prozentsatz der Jahresmiete (BGH, Urteil vom 6.4.2005, XII ZR 158/01). In dem streitgegenständlichen Mietvertrag war eine Begrenzung der Kosten der Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen innerhalb der jährlichen Abrechnungsperiode auf 10 % der Nettojahresmiete zuzüglich Umsatzsteuer vorgesehen. Das Oberlandesgericht Brandenburg führt aus, dass diese Kostenobergrenze nicht die Wartungskosten betrifft. Deshalb können die die Überbürdung der Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten sowie Wartungskosten betreffenden Formularklauseln insgesamt nach Auffassung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts keinen Bestand haben. Zwar kommt grundsätzlich nach der sogenannten „Blue-Pencil“-Regel in Betracht, gleichsam nach Herausstreichen unwirksamer Klauselbestandteile die übrige Klausel aufrechtzuerhalten und als wirksam anzusehen, nach Auffassung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts aber nicht, wenn es um Kosten für Instandhaltung, Instandsetzung und Wartung geht, da die Begriffe zwar nicht deckungsgleich sind, sich aber überlappen. Welche Kosten als Wartungskosten abzurechnen sein sollen, bleibe daher nach dem Vertragsinhalt letztlich offen. Wartung stelle sich nicht stets entweder als Instandhaltung oder Instandsetzung dar. Bei dieser Sachlage erweist sich die vorliegende Formularklausel als insgesamt intransparent und unwirksam, weil der Mieter nicht erkennen konnte, welche der Kostenpositionen von der Kostenobergrenze erfasst sein sollen. Danach hat der Vermieter die Kosten für Instandhaltung, Instandsetzung und Wartung insgesamt ohne Rechtsgrund auf die Mieter umgelegt.