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OLG Frankfurt, Urteil vom 18.09.2020 – 29 U 99/17

BGH, Beschluss vom 04.08.2021 – VII ZR 158/20 – “Vollmacht des Architekten?“


Viele der Rechtsstreitigkeiten in Baurecht haben auch damit zu tun, dass der Auftragnehmer für (vermeintlich) beauftragte Zusatzleistungen einen Werklohn einfordert, zu dem der Auftraggeber sich darauf beruft, dass der die Arbeiten veranlassende Architekt von ihm nicht beauftragt und bevollmächtigt gewesen sei, Zusatzleistungen zu vergeben. Häufig endet das mit einem schlechten Ergebnis für den Auftragnehmer, da nach der Rechtsprechung der Architekt keine originäre, d. h. aus seiner Beauftragung unmittelbar resultierende Befugnis hat, mit Bindungswirkung für den Auftraggeber, Verträge zu schließen oder Nachträge zu beauftragen. Damit er dies darf, braucht es über den Architektenvertrag hinaus eine ausdrückliche Bevollmächtigung. Das wird von vielen Bauschaffenden leider immer wieder übersehen.

Zwingendes Gebot bei angeordneten Zusatzleistungen ist es deswegen, dem Auftraggeber die zusätzlichen Leistungen anzukündigen und ihm über die voraussichtlichen Kosten mit einem Nachtragsangebot in Kenntnis zu setzen und dann um dessen Beauftragung zu bitten.

Die Realität auf den Baustellen ist natürlich oft eine andere. Wenn, wie häufig der Architekt Zusatzleistungen anordnet, eine ausdrücklich (schriftlich) erteilte Vollmacht aber nicht zu beweisen ist, kann dem Unternehmer die sogenannte Anscheins- und Duldungsvollmacht helfen. Bei einer Anscheinsvollmacht kann sich der Auftraggeber dann nicht auf einen Mangel der Vertretungsmacht berufen, wenn er schuldhaft den Rechtsschein einer Vollmacht veranlasst hat, sodass der Auftragnehmer von einer Bevollmächtigung ausgehen durfte. Das kommt z.B. dann in Betracht, wenn der Auftragnehmer nach Lage der Dinge annehmen darf, der Auftraggeber kenne und dulde das Verhalten des für ihn auftretenden Bauleiters. In einem vom Oberlandesgericht Frankfurt entschiedenen Fall war es so, dass der Architekt nach Absprache mit dem Bauherrn Zusatzleistungen beauftragte, die vom Auftragnehmer abgerechnet und vom Auftraggeber bezahlt wurden. Danach kam es zu einer weiteren Beauftragung durch den Architekten, hier stellte sich der Bauherr nun streitig und meinte, er habe für diese Leistungen bereits einen anderen Auftragnehmer bezahlt (und gedacht, dass die klagende Auftragnehmerin dessen Subunternehmerin gewesen sei).

In der Beweisaufnahme stellte sich heraus, dass der Architekt die Klägerin direkt beauftragt hatte. Die Sachverhaltsumstände des Falles waren für das Oberlandesgericht Frankfurt hinreichend genug, um eine sogenannte Anscheinsvollmacht anzunehmen, der Bauherr musste bezahlen. Diese Entscheidung hat der Bundesgerichtshof durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde bestätigt.

Die Argumentation über eine Anscheins- oder Duldungsvollmacht ist für den Auftragnehmer immer nur der letzte Ausweg. Richtigerweise muss man es vorher, nämlich bei Erteilung des Zusatzauftrags richtig machen und den Bauherr in Kenntnis setzen und eine Erklärung von ihm fordern, ansonsten besteht ein hohes Risiko, auf den zusätzlich geltend gemachten Forderungen sitzen zu bleiben