Project Description

OLG München, Beschluss vom 01.09.2020 – 28 U 1686/20 Bau – “Verzögerte Mangelbeseitigung kann zu erhöhten Leistungspflichten führen!“


Das Oberlandesgericht München hat folgenden Fall entschieden, der für einige Bauträger große Relevanz entwickeln könnte:

Der Bauträger errichtet zum Zeitpunkt der Geltung der EnEV 2002 eine Wohnanlage. Die Eigentümergemeinschaft begehrt schon seit geraumer Zeit wegen Mängeln des Daches von ihrem Bauträger Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung i.H.v. ca. EUR 150.000,00. In diesem Betrag sind auch die Mehrkosten von ca. EUR 20.000,00 enthalten, die für die Ausbildung des Daches gemäß den aktuellen Vorgaben der EnEV 2014 erforderlich sind. Hiergegen wendet sich der Bauträger, da zum Zeitpunkt des Abschlusses der Bauverträge die EnEV 2014 noch nicht gegolten habe. Durch die Mangelbeseitigung dürfe keine Besserstellung der Eigentümergemeinschaft erfolgen, die nur den Standard 2002 und nicht 2014 beanspruchen könne. Das sieht das Oberlandesgericht anders:

Zwischen den Parteien war unstreitig, dass die Mangelbeseitigung nach den aktuellen Regeln der Technik erfolgen müsse, das Oberlandesgericht entschied, dass die Eigentümergemeinschaft auch diejenigen Kosten, die für die Erreichung der Vorgaben der EnEV 2014 erforderlich sind, als Vorschuss verlangen könne.

Der BGH (Urteil vom 17.05.1984 – VII ZR 169/82) hat bereits 1984 entschieden, dass eine Anrechnung nicht in Betracht kommt, wenn die Vorteile ausschließlich auf einer Verzögerung der Mängelbeseitigung beruhen. Der Auftraggeber musste sich hier jahrelang mit einem fehlerhaften Werk begnügen. Weiterhin soll der Unternehmer keine Besserstellung dadurch erlangen, dass er sich jahrelang der Mangelbeseitigung widersetzt hat. Streng genommen geht es aber natürlich gar nicht um einen Vorteil des Unternehmers sondern darum, dass er nun ein wesentlich höherwertiges Werk, als vertraglich geschuldet, erstellen muss, ohne hierfür eine zusätzliche Vergütung zu erhalten. Das ficht das Oberlandesgericht indessen nicht an.

Schließlich sei der Umstand, dass nun strengere Anforderungen zu erfüllen sind, ausschließlich auf das zögerliche Verhalten des Bauträgers im Rahmen der Mangelbeseitigung zurückzuführen. Einen daraus resultierende Nachteil müssen nicht die Erwerber tragen und noch nicht einmal einen Zuschuss für die höherwertige Ausführung. Sämtliche Ursachen für die Mehrkosten entspringen der Risikosphäre des Bauträgers/Unternehmers.

Das Oberlandesgericht gesteht den Eigentümern dabei auch den Vorteil zu, den sie z.B. durch die bessere Isolierung in Form von niedrigeren Heizkosten über die Jahre hinweg erhalten.