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OLG Stuttgart, Urteil vom 01.08.2016 – 10 U 136/15 Vertragsschluss trotz entgegenstehendem „Disclaimer“


Mit einem bereits am 01.08.2016 ergangenen Urteil hat das OLG Stuttgart (10 U 136/15) einen Vertragsschluss per E-Mail bejaht, obwohl in der Signatur der E-Mail ein Disclaimer, wonach keine rechtsverbindlichen Erklärungen per E-Mail abgegeben werden, stand. Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde nunmehr durch Beschluss des BGH vom 21.06.2017 zurückgewiesen.

Im Streitfall hatte ein Steuerberater mit einem Anbieter über die Vergabe des Teilabbruchs einer Bestandsimmobilie und der Errichtung eines Erweiterungsbaus verhandelt. Auf ein Angebot des Anbieters antwortete der Steuerberater: „Ich gehe davon aus, dass die Bauleitung im Angebot enthalten ist, dann nehme ich das Angebot an.“ In der Signatur der E-Mail fand sich neben den Daten des Steuerberaters ein Disclaimer unter anderem mit folgendem Inhalt: „Der Austausch per E-Mail dient ausschließlich zu Informationszwecken. Rechtsverbindliche Erklärungen dürfen über dieses Medium nicht ausgetauscht werden.“ In dem Rechtstreit hat sich der Steuerberater darauf berufen, dass aufgrund des Disclaimers ein Vertrag nicht zustande gekommen sei. Dem ist das OLG Stuttgart entgegengetreten und hat entschieden, dass der Steuerberater an seine Erklärung gebunden ist. Zum einen handele es sich bei dem Disclaimer offensichtlich um einen Text, den der Steuerberater im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als allgemeine Geschäftsbedingung anfügt. Zum anderen gehe die in der Mail ausdrücklich erklärte Annahme des Angebots der formularmäßigen Regelung vor. Im Übrigen gäbe es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Steuerberater mit der formularmäßigen, der E-Mail angefügten Erklärung den Inhalt und Bedeutungsgehalt seiner zuvor abgegebenen Erklärung einschränken wollte.

Auch wenn Disclaimer weit verbreitet sind, geht deren tatsächliche Bedeutung in der Regel gegen Null, nachdem durch einseitige Erklärungen keine Bindungswirkung erreicht werden kann. Wie der vorliegende Fall zeigt, kann mit einem Disclaimer auch ein Vertragsschluss nicht ausgehebelt werden.