Project Description

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 26.11.2018 – 8 W 58/18 – “Vertragsimmanenter Konkurrenzschutz


Das Kammergericht Berlin beschäftigte sich mit Beschluss vom 26.11.2018 – 8 W 58/18 – mit der Problematik des vertragsimmanenten Konkurrenzschutzes. Der Antragsteller hatte von dem Antragsgegner (dem Vermieter) einen Friseursalon gemietet. Der Antragsteller erfuhr, dass ab Juli 2018 ein weiterer Friseursalon in dem Haus eröffnet werden sollte. Er erwirkte den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Antragsgegner, eine Übergabe der Räume an den weiteren Friseursalon zu unterlassen. Nachdem der Vermieter nachwies, dass der Mietvertrag mit dem neuen Mieter bereits unterzeichnet und die Mietsache bereits übergeben war, nahm der Antragsteller seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Das Kammergericht Berlin legte die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens dem Vermieter auf und entschied, dass der Antrag auf Unterlassung der Übergabe begründet gewesen wäre, wenn der Antrag nicht zu spät – nämlich erst nach der bereits erfolgten Übergabe – gestellt worden wäre.

Das Kammergericht führt aus, dass der Vermieter durch die Vermietung von Gewerberäumen im gleichen Haus an einen weiteren Friseur seine Gebrauchsgewährspflicht nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB gegenüber dem Antragsteller verletzt und zwar auch dann, wenn wie hier eine ausdrückliche Regelung im Mietvertrag zur Fernhaltung unmittelbarer Konkurrenz fehlt. Der Vermieter ist dabei nicht gehalten, vom Mieter jeden fühlbaren oder unliebsamen Wettbewerb fernzuhalten. Nach den Umständen des Falles ist abzuwägen, inwieweit nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Belange der Parteien die Fernhaltung von Konkurrenz geboten ist (BGH NJW 2013, 44 Tz. 37). Grundsätzlich setzt Konkurrenzschutz danach voraus, dass sich die Leistungen des Mieters und des Konkurrenten im „Hauptsortiment“ überschneiden und an dieselben Verbraucherkreise richten (BGH NJW-RR 1986, 9). Dies war vorliegend der Fall. Hauptleistung ist die Leistung, die den Stil des Geschäfts und das ihm eigentümliche Gepräge zumindest mitbestimmt. Es war nicht ernsthaft zweifelhaft, dass der weitere Friseur Konkurrent des Antragstellers ist. Daran änderte die Einlassung des Vermieters nichts, dass bei dem Konkurrenten angeblich das „klassische Friseurhandwerk mit Laufkundschaft“ nur eine untergeordnete Rolle spiele und der Schwerpunkt auf Beratungen und „ganzheitliche Typenveränderungen“ einschließlich Haar- und Wimpernverlängerungen, Haarfärben und Make-up-Beratung liege. Da der Konkurrent ebenfalls das Waschen und Schneiden als klassische Leistungen des Friseurhandwerks anbot, ging das Gericht davon aus, dass der Vermieter durch die Vermietung an den zweiten Friseur seine Pflicht zur Fernhaltung von Konkurrenz verletzte. Der Vermieter war also verpflichtet, den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen und eine Verstärkung des Zustands zu unterlassen (BGHZ 195, 50 Tz. 47, 50). Hierzu gehört die mit einstweiliger Verfügung durchsetzbare Pflicht zur Verhinderung der Geschäftsaufnahme durch den Konkurrenten, insbesondere durch Unterlassung der Übergabe der Räume an ihn (OLG Hamm ZMR 1991, 795). Der darauf abzielende Antrag des Mieters wäre somit begründet gewesen, sofern eine Besitzüberlassung noch nicht erfolgt gewesen wäre. Dass die Übergabe bereits erfolgt war, war dem Antragsteller nicht bekannt. Deshalb waren dem Vermieter trotz Rücknahme des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Zwar konnte der Antragsteller die Übergabe der Mietsache an den Konkurrenten nicht verhindern. Damit ist er aber nicht rechtlos gestellt. Die Konkurrenzsituation stellt einen Mangel der Mietsache dar, die zur Minderung der Miete berechtigt. Dem Antragsteller stehen ferner Schadensersatzansprüche zu. Er kann vom Vermieter ferner verlangen, die Konkurrenzsituation zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beenden.