Project Description

Vertragsanpassungen wegen Materialpreiserhöhungen?


Die Lieferkettenprobleme schon während der Covid 19-Pandemie wie die jetzige Verschärfung durch den Ukraine-Krieg führen zu erheblichen Preisveränderungen innerhalb kurzer Zeit bzw. dem Umstand, dass Lieferanten gar keine festen Preise mehr anbieten, was es für die Bauschaffenden naturgemäß schwierig macht, überhaupt eine verlässliche Kalkulation für ein Angebot zu erstellen.

Vereinzelt wird dabei nach Vertragsschluss der Versuch unternommen, allein gestützt auf die (pauschale) Behauptung einer Preiserhöhung der benötigten Materialien eine Preisanpassung des Vertragspreises zu verlangen. Das funktioniert natürlich so nicht. Dem steht der Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind (pacta sunt servanda) entgegen. Nur bei extremen Veränderungen kann es sein, dass das Preisanstiegsrisiko nicht allein vom Bieter/Auftragnehmer zu tragen ist.

Erste Voraussetzung wird dabei in aller Regel aber sein, dass der Bieter im Zeitpunkt der Abgabe seines Angebots die risikobehafteten Umstände nicht kannte. Bezüglich des Ukraine-Kriegs wird man das nur für Angebote, die aus dem Zeitraum vor dem 24.02.2022 herrühren und danach angenommen wurden, annehmen können. Wer in Kenntnis erheblich steigender Preise oder variabler Preise dennoch ein Festpreisangebot abgibt, wird mit einem Preisanpassungsverlangen, wenn dieses rechtlich geprüft und bewertet wird, die Angelegenheit also vor Gericht geht, eher Schiffbruch erleiden.

Die Rechtsprechung war in der Vergangenheit sehr zurückhaltend damit, Materialpreissteigerungen als Grundlage für eine Möglichkeit der Vertragsanpassung heranzuziehen. Die Beschaffbarkeit und das Risiko der Kostensteigerung bei Baustoffen wird typischerweise dem Auftragnehmer zugewiesen. Allerdings könnte als Vertragsgrundlage herangezogen werden, dass sich die politisch-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht eruptiv verändern (sogenannte große Geschäftsgrundlage), dass also die grundlegenden politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des betroffenen Vertrages nicht durch eine Revolution, Krieg oder eine Naturkatastrophe verändert werden. Geht man davon aus, dass Vertragsparteien grundsätzlich das Verhältnis von Leistung zu Gegenleistung als ausgewogen ansehen (was zumindest der Bundesgerichtshof so schon gesehen hat, BGH NJW-RR 2011, 886), könnte eine Veränderung dieser Annahme zu einem Anpassungsrecht des Auftragnehmers führen. Dabei ist allerdings festzuhalten, dass es nicht ausreicht, dass der Gewinn schmilzt oder eventuell aufgezehrt wird. Die preisliche Veränderung muss zu Verlusten führen und der Auftragnehmer das auch nachweisen (BGH NJW 2003, 1805).

In Konstellationen, die vor dem Ukraine-Krieg begründet wurden, mag es also abhängig von der bisherigen Kalkulation und der konkreten Preisentwicklung im Einzelfall möglich sein, eine Preisanpassung zu verlangen. Hierfür muss der Auftragnehmer aber seine Kalkulation (und deren Richtigkeit bei Angebotsabgabe) ebenso darlegen und beweisen, wie die Veränderungen, die sich seitdem ergeben haben und dass diese zwingend zu Verlusten führen (die nicht auf Fehlkalkulationen des Auftragnehmers beruhen). Von ihm zu vertretende Verzögerungen, die erst dazu führen, dass die Ausführung nun in die Hochpreisphase fällt, helfen ihm nicht.