Project Description

Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 05.07.2019 – 11 U 109/15 – “Vermieter muss Grundsteuerbescheide überprüfen


Das Oberlandesgericht Brandenburg hat mit Urteil vom 05.06.2019 – 11 U 109/15 – entschieden, dass ein Vermieter verpflichtet ist, die Besteuerungsgrundlagen der Grundsteuerbescheide zu prüfen. Unterlässt er dies und ergeht deshalb ein fehlerhafter Grundsteuerbescheid steht dem Mieter ein Schadensersatzanspruch zu.

Im entschiedenen Fall war Mietsache das Gelände einer ehemaligen Funkstation des DDR-Rundfunks, das von der Mieterin als Reiterhof und Rinderzuchtbetrieb genutzt wird. Der Vermieter klagt auf Erstattung von Grundsteuern, die nach dem Mietvertrag von der Mieterin zu tragen sind. Der Vermieter hatte es unterlassen, dem Finanzamt mitzuteilen, dass das Grundstück landwirtschaftlich genutzt wird. Deshalb setzt das Finanzamt Grundsteuern fest, was unterblieben wäre, wenn der Vermieter das Finanzamt auf die nunmehrige geänderte landwirtschaftliche Nutzung hingewiesen hätte. Das Oberlandesgericht Brandenburg entscheidet, dass der Vermieter gegen die Mieterin keinen Anspruch auf Erstattung der vom Vermieter gezahlten Grundsteuern hat, auch wenn das Finanzamt die geltend gemachten Grundsteuern gegen den Vermieter mit Bescheiden unstreitig festgesetzt hat und die Mietvertragsparteien eine Abwälzung dieser Kostenart im Rahmen des Mietvertrags auf die Mieterin vereinbart haben. Die Mieterin hat nämlich gegen den Vermieter wegen Verletzung einer Nebenpflicht des Vermieters durch Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB, gerichtet auf die Freihaltung von den materiell zu Unrecht festgesetzten Grundsteuern (vgl. hierzu BGH, GE 2008, 116). Im Rahmen seiner vertraglichen Nebenpflichten unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes, der bei der Geschäftsraummiete ebenso gilt wie bei der Wohnungsmiete, war der Vermieter verpflichtet, nur solche Kosten umzulegen, die bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt waren (so Schmidt-Futterer-Langenberg, BGB, § 560 BGB Rn. 75). Maßgeblich ist damit der Standpunkt eines vernünftigen Vermieters, der ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge behält (BGH, GE 2008, 116). Zur Kontrolle, ob dieses Kosten-Nutzen-Verhältnis im Einzelfall gewahrt ist, ist die Überlegung einzubeziehen, ob ein verständiger Vermieter die Kosten auch veranlasst hätte, wenn er sie selbst hätte tragen müssen (Münchener Kommentar-Schmid/Zehlein, BGB, § 556 BGB Rn. 117). Der Vermieter darf dem Mieter unter dem Gebot der Rücksichtnahme auf die berechtigten Belange des Vertragspartners daher nur betriebswirtschaftlich sinnvolle Betriebskostenarten bzw. Kostenteile auferlegen. Wann dies der Fall ist, lässt sich bei den Kostenarten nicht allgemein feststellen, sondern richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass bei öffentlichen Lasten wie den Grundsteuern das sogenannte Auswahlermessen des Vermieters zur Beschränkung der Kostenhöhe nicht vorhanden, sondern diese Kostenhöhe in der Regel vorgegeben ist. Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Vermieter in besonders grober Weise gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen der Geltendmachung entstandener Betriebskosten verstoßen. Der Vermieter war nämlich gehalten, die Besteuerungsgrundlagen der Grundsteuerbescheide zu prüfen (vgl. von Seldeneck, NZM 2002, 550; Kinne/Schach, Miet- und Mietprozessrecht, § 556 BGB Rn. 47), auch wenn der Vermieter berechtigt sein mag, diese im Falle ihrer Richtigkeit in voller Höhe weiterzugeben. Gemäß der abdingbaren Vorschrift des § 535 Abs. 1 S. 3 BGB hat der Vermieter nämlich die auf der Mietsache ruhenden Lasten im Sinne des § 103 BGB – wie unter anderem die Grundsteuer – zu tragen. Ein verständiger Eigentümer hätte im eigenen wirtschaftlichen Interesse zumindest die Grundlagen des Steuerbescheides geprüft. Der Vermieter war aufgrund der nunmehrigen geänderten landwirtschaftlichen Nutzung gehalten, diese Änderung dem Finanzamt mitzuteilen, was der Vermieter allerdings nicht getan hat, sondern er hat die Steuerbescheide, denen die vorherige Nutzungsart zugrunde lag, gegen sich gelten lassen. Der Vermieter kann sich nicht allein darauf berufen, dass ein Grundsteuerbescheid gegen ihn erlassen worden ist und damit die Betriebskosten entstanden sind. Vielmehr liegt hier schon eine Verletzung der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten vor. Allein der Umstand, dass der Vermieter im Außenverhältnis berechtigt war, die anfallenden Grundsteuern umzulegen, ändert daran nichts. Demgemäß war der Vermieter nur berechtigt, die Kosten weiterzureichen, die tatsächlich auch bei richtiger Sachbehandlung entstanden wären. Eine richtige Sachbehandlung wäre nach einer vom Gericht eingeholten Auskunft des Ministeriums der Finanzen des Landes Brandenburg dann erfolgt, wenn das Finanzamt die richtigen Informationen zu den Teilflächen, auf denen sich die von der Mieterin angemieteten Gebäude befunden haben, erhalten hätte. Dann wären die Grundsteuern, die nach der Nebenkostenabrechnung auf die Mieterin umgelegt werden sollen, nicht angefallen. Im konkreten Fall wog die Verletzung der Nebenpflicht des Vermieters umso schwerer, als die Mieterin selbst den Vermieter mehrfach darauf hingewiesen hat, dass die Mieterin wegen der landwirtschaftlichen Nutzung nicht steuerpflichtig ist.