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Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.04.2019 – V ZR 112/18 – “Verbot kurzzeitiger Vermietung nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer möglich“


Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit 8 Wohnungen. Die Klägerin ist Eigentümerin einer der Wohnungen. Die Teilungserklärung enthält eine Regelung, wonach den Wohnungseigentümern auch die kurzzeitige Vermietung ihrer Wohnungen z.B. an Feriengäste gestattet ist. Auch ist eine sogenannte Öffnungsklausel in der Teilungserklärung verankert, wonach mit einer Mehrheit von 75 % aller Miteigentumsanteile die Teilungserklärung geändert werden kann. Mit einer solchen Mehrheit beschlossen die Wohnungseigentümer die Regelungen dahingehend zu ändern, dass die Überlassung einer Wohnung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste nicht mehr zulässig ist. Die Klägerin akzeptiert diesen Beschluss nicht und erhebt Anfechtungsklage. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Beschluss rechtswidrig ist, weil die Zustimmung der Klägerin fehlte. Denn nach der bislang geltenden Gemeinschaftsordnung war eine kurzzeitige Vermietung zulässig. Eine sogenannte allgemeine Öffnungsklausel erlaubt es den Wohnungseigentümern zwar solche Vereinbarungen mit qualifizierter Mehrheit zu ändern. Zum Schutz der Minderheit ist es aber erforderlich, bestimmte fundamentale inhaltliche Schranken zu beachten. Dies betrifft zwar verzichtbare, aber „mehrheitsfeste“ Rechte von Sondereigentümern. Zu solchen mehrheitsfesten Rechten gehört auch die Zweckbestimmung seines Wohnungs- oder Teileigentums, demnach die Vorgabe, wie eine Einheit genutzt werden darf. Wenn diese Zweckbestimmung geändert wird, betrifft dies die Nutzung des Sondereigentums in substanzieller Weise. Derartige Eingriffe bedürfen jedenfalls der Zustimmung des Eigentümers der Einheit, deren Zweckbestimmung geändert werden soll. So berechtigt beispielsweise eine solche Öffnungsklausel nicht, eine als Gaststätte dienende Teileigentumseinheit ohne Zustimmung des Teileigentümers mit der Zweckbestimmung Büro zu versehen, weil die Mehrheit den Gaststättenbetrieb als störend empfindet. Demnach greifen auch Vermietungsverbote in die Zweckbestimmung des Wohnungseigentums ein. Ein generelles Vermietungsverbot könnte daher nur dann rechtmäßig sein, wenn nicht nur die aktuell vermietenden, sondern alle Wohnungseigentümer zustimmen. Denn auch die Zweckbestimmung solcher Einheiten, die im Zeitpunkt der Beschlussfassung von den Eigentümern selbst genutzt werden, würde eingeschränkt, wenn eine Vermietung fortan unterbleiben müsste. An dieser Zustimmung der Klägerin fehlte es vorliegend, weshalb der Beschluss rechtswidrig war. Die Eigentumsrechte der übrigen Wohnungseigentümer werden durch diese Sichtweise nicht außer Acht gelassen. Diesen Eigentümern stehen andere Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung. So müssen die mit der Kurzzeitvermietung ausgehenden Störungen wie Überbelegung, fortwährende Verstöße gegen die Hausordnung oder Lärmbelästigungen durch Feriengäste nicht hingenommen werden. Sie können einen Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 3 WEG begründen.