Project Description

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 05.07.2022 – 9 AZR 341/21 – “Urlaubsabgeltung ohne Ende nach Elternzeit?“


Bundesarbeitsgericht hat am 05.07.2022 eine Konstellation entschieden, die auch in unserer Beratungspraxis sehr häufig vorkommt, da viele Arbeitgeber nicht wissen, dass auch während der Elternzeit Urlaub entsteht, den man aber auf 0 kürzen kann. Endet das Arbeitsverhältnis ohne Kürzungserklärung im Anschluss an die Elternzeit kann der Arbeitnehmer Urlaubsabgeltungsansprüche gegebenenfalls für mehrere Jahre geltend machen.

Im entschiedenen Fall war die Klägerin vom Januar 2012 bis August 2017 beschäftigt, vom 04.04.2013 bis 17.08.2017 wegen der Geburt zweier Kinder in Elternzeit. Sie kündigte selbst zum 31.08.2017, der Arbeitgeber hatte von der Kürzungsmöglichkeit nach § 17 BEEG keinen Gebrauch gemacht (Kürzung des Jahresurlaubs um 1/12 je genommenen Monats Elternzeit). Diese Kürzung erfolgt durch einfache Erklärung gegenüber dem Arbeitnehmer.

Die Klägerin verklagte ihn dann auf Urlaubsabgeltung für 130 Arbeitstage Urlaub aus den Jahren 2013 bis 2017, das Bundesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben.

Neben dem Umstand, dass vom Kürzungsrecht kein Gebrauch gemacht wurde, spielte auch eine Rolle, dass die Arbeitgeberin eine Ausschlussfristenregelung im Arbeitsvertrag vorgesehen hatte, in der Ansprüche wegen Vorsatz nicht ausgenommen wurden. Eine solche Regelung verstößt gegen § 202 Abs. 1 BGB, wonach eine Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden kann. Die Ausschlussfrist half der Arbeitgeberin in diesem Fall also nicht, ansonsten (bei einer wirksamen Ausschlussfrist) wären die Ansprüche untergegangen gewesen, da die Klägerin erst 6 Monate nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geklagt hat.

Auch die Regelung des § 7 Abs. 3 BUrlG half der Arbeitgeberin nicht, da das Bundesarbeitsgericht die Sonderregelung des § 17 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BEEG als vorrangige Regelungen angesehen hat.

Das Bundesarbeitsgericht stellt weiterhin klar, dass der Arbeitgeber die Beweislast dafür trägt, dass er seine Kürzungserklärung abgesandt hat und dass sie dem Arbeitnehmer zugegangen ist.