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BGH, Urteil vom 27.05.2021 – I ZR 119/20 – “Urheberrechtsverletzung durch Deep-Link?“


Mit dem jetzt im Volltext veröffentlichten Urteil vom 27.05.2021 hatte der Bundesgerichtshof sich mit folgendem häufig vorkommenden Fall auseinanderzusetzen:

Ein Verkäufer nutzte das Bild eines Berufsfotografen ohne dessen Zustimmung zum Verkauf bei eBay-Kleinanzeigen und wurde daher von dem Fotografen zu Recht abgemahnt. Der Verkäufer gab eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab in der er sich verpflichtete, im Falle einer weiteren öffentlichen Zugänglichmachung des Bildes eine Vertragsstrafe zu zahlen. Mit der Klage, über die der Bundesgerichthof nunmehr zu entscheiden hatte, machte der Fotograf eine Vertragsstrafe geltend, da das Lichtbild noch knapp ein Jahr später unter einem Link mit über 70 Zeichen von groß und kleingeschriebenen Buchstaben, Sonderzeichen und Ziffern von jedem PC im Internet abrufbar war. In der bisherigen Rechtsprechung der Instanzgerichte war dies bisher überwiegend ausreichend um eine Vertragsstrafe zu verwirken. Dem haben sich zunächst das Landgericht Frankfurt und dann auch das OLG Frankfurt entgegengestellt und wurden nunmehr vom BGH bestätigt.

Der BGH hat dies zutreffend damit begründet, das im vorliegenden Fall der Begriff der öffentlichen Wiedergabe nicht erfüllt ist und damit der Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe nicht besteht. Denn eine öffentliche Wiedergabe setzt voraus, dass eine unbestimmte Zahl potenzieller Adressaten und damit „recht viele Personen“ Zugang haben. Diese Voraussetzung ist aber nicht gegeben, wenn das Foto nur noch über einen sogenannten Deep-Link unter Eingabe einer rund 70 Zeichen umfassenden URL-Adresse zugänglich ist. Denn der relevante Personenkreis beschränkt sich damit auf Personen, die diese Adresse zuvor abgespeichert oder sonst in irgendeiner Weise kopiert oder notiert haben. Demgemäß war der Tatbestand der öffentlichen Zugänglichmachung im vorliegenden Fall nicht erfüllt und damit eine Vertragsstrafe nicht zu zahlen.

Unabhängig von der Entscheidung des BGH sollte nach einer berechtigten Abmahnung wegen der Verwendung von Bildern im Internet vor Abgabe der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung genau geprüft werden, ob diese noch veröffentlicht werden, was auch für Deep-Links gilt. Denn es ist unabhängig von der BGH-Entscheidung keineswegs gesichert, dass bei jeder Konstellation der Tatbestand einer öffentlichen Zugänglichmachung ausscheidet, so könnte z.B. bei einer einfacheren URL möglicherweise ein Anspruch auf Vertragsstrafe bestehen. Außerdem wurden in dem laufenden Verfahren auch noch neue Argumente vorgebracht, die der BGH aus prozessualen Gründen nicht berücksichtigt hat, sodass in einem vergleichbaren Verfahren durchaus ein anderes Ergebnis herauskommen kann.