Project Description

Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 04.04.2019 – 3 W 95/18 – “Unzulässiger Haftungsausschluss für gebäudebezogene Nutzungseinschränkungen“


Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte mit Beschluss vom 04.04.2019 zu entscheiden, ob der Mieter einer Paint-Ball-Anlage gegen den Vermieter einen Anspruch auf Schadenersatz wegen entgangenen Gewinns aus §§ 536 a, 252 BGB haben kann, wenn die Mietsache aufgrund einer behördlichen Nutzungsuntersagungsverfügung nicht mehr zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignet ist.

Nach der gesetzlichen Regelung ist die Sache eindeutig. Was zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gehört, richtet sich nach dem Vertragsinhalt und dem Vertragszweck. Die Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters ist auf die Ermöglichung des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache durch den Mieter ausgerichtet. Inhalt und damit Art, Umfang und Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs bestimmen sich in erster Linie nach den mietvertraglichen Parteiabsprachen (BGH ZMR 1982, 212). Damit ist der festgelegte Vertragszweck von wesentlicher Bedeutung (BGH ZMR 1986, 278). Bei gewerblichen Mietverträgen über Räume wird der Vertragszweck im Allgemeinen durch die Angabe des darin vom Mieter beabsichtigten Gewerbes bestimmt (Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 535 BGB, Rn. 68).

Nach dem Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages wurden die Räume ausdrücklich „zur Betreibung von Paint-Ball-Spielen“ verpachtet. Damit war vertraglich festgelegt, dass die Nutzung der Räume zu diesem Zweck erfolgt. Zur Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs gehörte somit grundsätzlich die Eignung der Räume zu diesem Zweck. Das Fehlen der behördlichen Genehmigung zur Nutzung als Paint-Ball-Anlage stellt einen Mangel dar, da aufgrund der Nutzungsuntersagung für den Mieter die vertragsgemäße Nutzung nicht mehr möglich ist. Hierbei handelt es sich um durch die baulichen Gegebenheiten bedingte Nutzungseinschränkungen, die als gebäudebezogen grundsätzlich in den Verantwortungs- und Risikobereich des Vermieters fallen (BGH, ZMR 211, 943).

Nun bestand die Besonderheit im konkreten Fall darin, dass die Parteien das Risiko auch der vollständigen Versagung der zum Betrieb als Paint-Ball-Anlage erforderlichen Genehmigung abweichend von der gesetzlichen Regelung dem Mieter auferlegt haben. Sie haben die Haftung des Vermieters für einen dahingehenden etwaigen Mangel im Mietvertrag ausgeschlossen. Dort ist geregelt, dass der Mieter sich dazu verpflichtet, alle notwendigen Genehmigungen zur Betreibung von Paint-Ball-Spielen vorzulegen. Vereinbart wird, dass der Mieter für sämtliche Genehmigungen und Auflagen zu sorgen habe und der Vermieter für die Einhaltung der Voraussetzungen für den Betrieb des Gewerbes keine Haftung übernehme. Das Brandenburgische Oberlandesgericht entscheidet jedoch, dass diese Regelungen bei Anwendung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unwirksam sind, sofern es sich bei ihnen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Die Klauseln schließen nicht nur Gewährleistungsrechte des Mieters aus, sondern auch dessen Befugnis zur fristlosen Kündigung des Mietvertrags. Nach der Klausel des Mietvertrags ist der Mieter auch in Fällen, in denen die Nutzung ausschließlich aus Gründen versagt wird, die mit der Beschaffenheit oder Lage des Mietobjekts im Zusammenhang stehen und die nach der gesetzlichen Regelung in den Risikobereich des Vermieters fallen, zur Zahlung des Mietzinses verpflichtet und kann keine Gewährleistungsrechte geltend machen. Die Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses führt zugleich auch dazu, dass der Mieter wegen dieses Mangels mit dem Recht zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen ist. Ein vereinbarter Ausschluss der Mängelrechte schließt die Kündigung nur dann nicht aus, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschweigt (§ 536 d BGB und Palandt, BGB, § 543 Rn. 42). Nun geht der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 24.10.2007, XII ZR 24/06 davon aus, dass mit einer entsprechenden Vertragsklausel nicht nur die Gewährleistungsrechte eines Mieters, sondern auch dessen Befugnis zur fristlosen Kündigung ausgeschlossen werden. Die vom Bundesgerichtshof beurteilte Klausel lautete: „Der Vermieter leistet keine Gewähr dafür, dass die gemieteten Räume den infrage kommenden technischen Anforderungen sowie den behördlichen und anderen Vorschriften entsprechen. Der Mieter hat behördliche Auflagen auf eigene Kosten zu erfüllen“. Die vom Brandenburgischen Oberlandesgericht zu beurteilende Vereinbarung hatte einen gleichen Regelungsgehalt. Ein so weitgehender Haftungsausschluss benachteiligt den Mieter nach allgemeiner Meinung entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist deshalb nach § 307 BGB unwirksam (BGH, NJW 1988, 376 und BGH, Urteil vom 24.10.2007, XII ZR 24/06). Der Mieter kann somit grundsätzlich unter den Voraussetzungen des § 536 a BGB wegen der fehlenden Genehmigung als Mangel der Mietsache Schadensersatz verlangen. Hierzu kann auch der entgangene Gewinn nach § 252 BGB gehören (Palandt, BGB, § 536 a BGB, Rn. 14). Der Mieter muss bei Mängeln der Mietsache auch nicht kündigen. Er kann vielmehr am Vertrag festhalten und für die gesamte Zeit Schadensersatz verlangen (BGH, Urteil vom 18.01.1995, XII ZR 30/93).

Vorgenanntes gilt allerdings nur, soweit es sich bei der streitgegenständlichen Klausel um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Handelt es sich dagegen um eine individualvertraglich vereinbarte, ausgehandelte Absprache, ist diese wirksam und scheidet ein Ersatzanspruch des Mieters schon deshalb aus (so OLG Frankfurt, Urteil vom 22.07.2016, 2 U 144/15).